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Gewandung und die freie ungezwungene Bewegung seiner Figuren, welche Vorzüge selbst von seinen Gegnern anerkannt werden, zeichnen auch diese neuesten Bilder ans; und wem die herbe Sclbstbe- schranknng auf eine vorwiegende Darstellung des Seelenlebens bei Verleugnung fast aller sinnlichen Mittel nicht zusagt, der wird doch nicht leugnen können, daß sie dem keuschen Tone des Hartmannschen Gedichtes durchaus entspricht. Die prachtvolle Ausstattung des Buches, von der typographisch meisterhaften Textherstellung auf holländischem Büttenpapier bis zu dem stilvollen Renaissauceeinband, die sich seit der „Ausgabe der Bücherfreunde" bei uns einznbürgern angesangen hat, vollendet die Schönheit dieser Neubelebung eines alten Kleinodes unserer Literatur. R. K.
Ein Prämienwcrk des Albcrtvereins.
Der Albertverein (der Landesverein des Königreichs Sachsen für Krankenpflege im Krieg und Frieden) hat für eine Wohlthätigkeits- verloosung (zum Besten der im Bau begrisfcueu Pflegerinnenschnle und Asyl nebst Krankenhäusern in Dresden) nach Art der sog. „Nietenblätter" ein Buch Herstellen lassen, welches für weitere Kreise Interesse haben wird. Es heißt: „Bilderalbum zur neueren Geschichte des Holzschnittes in Deutschland" und bietet in 118 Bilderprvben eine Ucbersicht der Geschichte des neueren deutschen Holzschnittes von seiner Wiedererweckung gegen Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts durch die beiden Uriger, Gubitz und andere bis zu seiner heutigen hohen Entwickelung. Die Verlagshandlung Seemann, welche das Werk geschickt und sachverständig zusammengestellt hat, hat sich außerdem, durch Zeitmangel und Format beengt, vielfach mit dem begnügen müssen, was ihr um des wohlthütigen Zweckes willen an Schnitten und Clichss dargeliehen wurde, und so findet sich manches in dem Werke, woraus der'Sprnch vom geschenkten Gaule, dem man nicht ins Maul sieht, anzuwenden ist. Das Beste und Meiste hat sie selbst hergeben müssen. Davon abgesehen, gibt das Werk, welches nicht in den Buchhandel kommt, sondern nur durch Erwerbung von Loosen zu erlangen ist, einen sehr vrientirenden Ueberblick über seinen interessanten Stoff. Wünschenswertst bleibt jedoch, daß die Geschichte des neuen deutschen Holzschnittes einmal um ihrer selbst willen geschrieben werde; und es wäre schade, wenn es bei diesem Wohlthätigkeitsanlaufe bliebe, so schmuck und nützlich das prächtige Buch auch ausgefallen ist.
Der Tseto oder Honigvögel.
Vor einigen Jahren, schreibt uns Herr Chr. Stech ans Südafrika, hatte ich meinen Ochscnwagen vorausgeschickt, um noch länger bei meinem liebenswürdigen Wirthe bleiben zu können und folgte selbst erst um die Mittagsstunde nach. Damit ich den Weg nicht verfehle, war mir ein berittener Schwarzer mitgegeben worden, und so ritten wir denn selbander fürbaß. Die Sonne brannte heiß und der Wagen war uns weiter voraus, als ich angenommen hatte, so daß wir, auch als wir bereits drei bis vier Stunden geritten waren, ihn noch immer nicht eingeholt hatten. So ritten wir denn schweigend und durstig neben einander her, als mein schwarzer Führer plötzlich ausrief: „Us, Niuari lls, n nttua na?" („Nun, mein Herr, hörst Du nicht?") — „Nein, ich höre nichts," erwiderte ich. — Und er: „Litssto, KitsstoT („Es ist Tseto, es ist Tseto.") — „Tseto? Was ist denn das?" fragte ich. — Daraus er: „Ua Ira, ss, irovzmira, s rs tssbisamx;, äinosolrinn?" („Nun, ist es denn nicht der Vogel, der uns wissen läßt den Honig?")
Ich horchte aufmerksam hin und vernahm nun Laute, die vokallos und etwa in Hg-Takt gehalten, sich ungefähr so wiedergeben lassen: „Zirr zickezickezickezicke zicke zirr." Ats wir näher kamen, wurde ich das Thierchen auch gewahr. Es war vor uns aufgeslogen und saß nun in den Zweigen eines Dornbaums, wobei es seinen Ruf unaufhörlich wiederholte. Der Vogel hatte die Gestalt einer Bachstelze
oder besser noch eines Fliegenschnäppers, war von sperlingsgrauer Farbe und war etwas kleiner als unsere deutsche Haustaube. '
Mein Führer forderte mich nun dringend auf, dem Vogel zn folgen, da derselbe offenbar ein Biencnuest gesunden habe und uns rufe. „Wer weiß, ob er nicht ans einem andern Grunde schreit?" wandte ich ein. — „O nein," war die Antwort des Schwarzen, „der gewöhnliche Schrei klingt ganz anders, etwa so . . . ." und es ertönte nun ein langgezogenes singendes „kurr, kurr, kurr."
Wir ritten nun vom Wege ab, hinter dem Vogel her. Dieser flog, sobald er gewahr wurde, daß wir ihm folgten, laut rufend von Baum zu Baum, bis er endlich ans einem trockenen Dornbaume verstummte.
,ch(i tKollnpo kn ollolmlis (linosods cli lcalmntm, u ro IsbäalcmA Uinm-i," („Das ist das Zeichen, daß jetzt der Honig nahe ist, darum laß uns genau suchen, mein Herr,") bemerkte mein Begleiter. Er hatte kaum ausgesprochen, als er auch schon die Nester der Bienen entdeckt hatte. Leider waren es diesmal Erschienen, so daß wir, die wir weder Spaten noch Hacke bei uns hatten, bei der großen Härte des Erdreichs nicht viel ausrichten konnten. Immerhin gelangten wir zn einigen Honigscheiben, die uns prächtig erquickten. Ans Dankbarkeit ließen wir ein wenig für den Vogel zurück, der sich denn auch sofort darüber her machte.
Als ich einige Zeit darauf mit einem afrikanischen Bauern reiste, waren wir eines Tages im ersten Augenblicke nicht wenig erstaunt, als plötzlich die gefammte schwarze Dienerschaft vom Wagen sprang und in das Dickicht eilte. Sie hatten eben den Honigrnf des Honigvogels vernommen und kehrten wirklich bald darauf mit zahlreichen Hoiiia- scheiben zurück.
Ein anderes Mal war ich bereits zehn Stunden unterwegs und vor Durst fast verschmachtet, als ich auf einen Trupp Schwarzer traf, die im Schatten eines Dickichts behaglich aßen und plauderten. Auf meine Frage, ob sie nicht Wasser hätten und was sie da aßen, antworteten sie: „Nun, ist cs denn nicht der Honig?" Sie waren eben auch durch einen Honigvogel dazu gekommen.
Der Honigvögel ist so zuverlässig, daß die Schwarzen ihm blindlings folgen. Seine Stimme übt eine Wirkung auf sie aus, wie der Befehl eines Hauptmanns auf die Kompagnie. Mögen sie arbeiten, was und bei wem es auch fei, sobald sie vernehmen, der Tseto melde Königsspeise (und Honig ist Königsspeise, die in der Regel nur der Häuptling essen darf), so ist kein Halten und alles stiebt auseinander und eilt dem Vogel nach. Gehen die Waben dann ans die Neige, so heißt es gewiß: „rt rs tlmlimolrMZ- psto sa.t^sto," („Laßt uns erfreuen das Herz des Tseto,") und man läßt einige Waben für den Honigvogel zurück, der sich dann auch ganz unbefangen daran erquickt.
Merkwürdig ist, daß der Tseto nichts von dem entdeckten Honig genießt, ehe ein Mensch ihn ausgenommen hat.*) Er fliegt vielmehr, wenn er ein Nest gefunden hat, so lange laut rufend an den Wegen hin und her, bis man ihm folgt.
*) Sollte das nicht daran liegen, daß der Vogel selbst nicht ohne menschliche Hilfe zn dem Honig gelangen kann? Die Red. d. D.
Inhalt: Unser Graf. (Fortsetzung.) Erzählung von Theodor Hermann Pantenins. — Der südamcrikanische Eisenbahnkönig. Von Th. M. — Persönliche Erinnerungen aus den Jahren 1818—äo. VIl. — Waidmannsheil. Bon W. v. D. Zn dem Bilde: Ein Durchgebrannter. Von Kotschenreiter. — Am Familientischc: Bücherschan. 1UV. Mit einer Zeichnung Joseph v. Führichs zn Hartmann v. Ancs „Armer Heinrich". — Ein Prämienwerk des Albertvereins. — Ter Tseto oder Honigvogel. Bon Chr. Stech.
In der Verlagshandlung des Daheim erschien so eben:
Deutsche Literaturgeschichte
von
Robert Roenig.
I. Mtheilmtg) mit zahlreichen Chromolithographien und Holzschnitten im Texte. Preis 4 Mark.
Vollständig in 3 Abtheilungen wie die erste, die einen stattlichen Band von 40 Bogen mit zahlreichen Farbendrucken und erläuternden
Holzschnitten im Text zum Preise von 12 Mark bilden werden.
Die Verlagshandluug bietet in dieser Literaturgeschichte ein mit viel Liebe und Sorgfalt gepflegtes Werk, das sich an das Interesse gebildeter Familien, Literatursreunde, auch junger Leute beiderlei Geschlechts wendet. Der Text umfaßt die deutsche Literatur von ihren Anfängen bis auf die neueste Zeit und bietet reichliche Proben und Analysen. Die Abbildungen sind kein müßiges Beiwerk, sondern bestehen theils in kunstvollen chromolithographischen Nachbildungen literarhistorisch merkwürdiger Handschriften (in der I. Abtheilung z. B. ein Blatt aus dem Ooäsx arAmrtsrrs, der gothischen Bibelübersetzung des Ulfilas, zn Upsala; das Wessobrunner Gebet in München; ein Blatt aus der Heliandhandschrist zn München, ans Otfrieds Evangelienharmonie zu München; eine farbige Miniature ans Wernhers von Tegernsee Marienleben zu Berlin; eine Seite der Manessischen Minneliederhandschrift zu Paris, der Weingartner Handschrift zu Stuttgart), theils ans erläuternden Abbildungen verwandten kulturgeschichtlichen Inhalts, theils aus gleichzeitigen Porträts.
Das Werk wird in drei vierteljährlichen Zwischenräumen vollständig werden und in gediegenem Einbande als ein bescheidenes Prachtwerk von mittlerem Preise zur Bereicherung der Familienbibliothek und zu Geschenkzwecken dienen können. Zu letzterer Verwendung empfehlen wir für die bevorstehende Weihnachtszeit schon die I. Abtheilung.
Die Verlagshandlung von UrlhcMlt Masmg.
Herausgeber: vr. Aoöert Koenig und Theodor Kerman» Santenins in Leipzig. Für die Redaktion verantwortlich Htto Kissing in Leipzig. Verlag der Kaheim-Erpeditio» (Yelhagen t Kissing) in Leipzig. Druck von A. K. Uenöner in Leipzig.