bringlich") bis zu Effi Briest und Melusine von Barby. Am Anfang dieser Gestaltenreihe stehen, Ellernklipp einrahmend, zwei „Melusine"-Entwürre. die höchst aufschlußreich sind und von denen ebenfalls die Rede sein soll. Allen diesen Frauengestalten eignet eine eigentümliche Passivität, eine distanzierte, oft geheimnisvoll wirkende Kühle, ein Unbeteiligtsein gegenüber sozial-ethischen Normen bei gleichzeitigem Hingezogensein zu der Welt des Menschenlieben oder Gemüthaften. Ihre Kühle, die mitunter als Herzlosigkeit erscheint, kann doch ihre Sehnsucht nach dem Menschlichen nicht verleugnen. Freilich kennt dieser Gestalttypus auch Variationen, und da Variationen mit der Veränderung auch die Umkehrung eines Motivs einschließen, gehört auch die Fähigkeit, mit eben der Leidenschaft spielen zu können, die sie erregen, zu diesen Frauengestalten — bis zu der Möglichkeit, selbst ein Opfer jener Neigung zu werden, die sie in anderen erwecken.
Das Motiv der Melusine bzw. Meerjungfrau bildet für Fontane eine „jener vorgegebenen Hohlformen, die bestimmte Ausschnitte der Welt prägend einschließen"; 1 ' 1 es steht ihm als Märchen- oder Sagenmotiv schon früh zur Verfügung. Ein erster Entwurf zu einer „Melusine" (dessen erster Titel „An der Kieler Bucht" lautet) stammt aus den Jahren 1877 oder 1878. Literarisch bedeutsam wird dieses Motiv aber erst, nachdem Fontane den Versuch gemacht hat, sich dieser überlieferten Sagenthematik auf dem Wege psychologischer Darstellung zu nähern. Das überlieferte Motiv, das in dem ersten Entwurf zunächst nur inhaltlich skizziert wird, gewinnt erst durch das Medium einer literarischen Gestaltung, die das individual-psychologische Moment mit dem gesellschaftlichen Aspekt verbindet, genügend Substanz, um sich dann auch unter Einbeziehung traditioneller Melusine-Motive zu Gestalten zu verdichten
— aus denen es sich wiederum zu lösen vermag, scheinbar eigenmotivische Selbständigkeit gewinnt, insgeheim aber dennoch auf den Kontext dieses wiederkehrenden Motivzusammenhanges bezogen bleibt.
Ich gebe im folgenden einen Durchblick durch diese Gestaltenreihe und verweile dort ausführlicher, wo dieser Motivzusammenhang bisher nicht hinreichend gesehen worden ist oder problematisch erscheinen mag.
Vor „Ellernklipp" entsteht — etwa gleichzeitig mit dem Entwurf „An der Kieler Bucht" — die Chronik-Erzählung „Grete Minde". Ihre Titelgestalt bildet den Übergang von der Konzeption der .Märchenprinzessin' Marie Kniehase aus „Vor dem Sturm" zu den Melusinen-Gestalten der späteren Erzählungen und Gesellschaftsromane Fontanes. Grete Minde wird von ihrem Geliebten einmal als eine „verwunschene Prinzessin oder eine Hexe” bezeichnet (I, 1, 65); diese
— gefährliche und andere gefährdende — Zweideutigkeit ihrer Natur kommt zum Ausdruck in ihrer Nähe zum Elementaren (vor dem sie, wie in der Vision des Kirchenbrandes am Begräbnistag ihres Vaters, zugleich Angst empfindet) und in der Leichtigkeit und Grazie ihrer Bewegungen, in denen sich der andere Zug ihrer Natur, ihr Verlangen nach Freiheit ausdrückt. „Du fliegst ja nur so", hat schon der junge Valtin sie bewundert (I, 1, 8). Der Fontane-Leser erkennt darin unschwer den Keim jenes Motivzusammenhangs, in dem Effi Briest als „Tochter der Luft" steht (I, 4, 8). Die Ambivalenz ihres Wesens — als Gebundenheit an das Elementare wie als Sehnsucht nach daraus befreiender Ruhe und Geborgenheit — läßt Grete Minde als erste Ausformung einer Melusinen-