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XIV. A»5§cgklir>i am 12. Januar 1878. Irr Jahrgang läuft nam Waler 1877 bin dahin 1878. 1878. uV" 15.
Bor dem Sturm.
Historischer Romcin von Theodor Fontane.
<Fort,>tzimg.)
Skachdruck verboten. Ges. v. 11./VI. 70.
III. Weihnachtsmorgen.
An Lewins Seele waren inzwischen unruhige Träume vorübergegangen. Die Fahrt im Ostwind hatte ihn fiebrig gemacht und erst gegen Morgen verfiel er in einen festen Schlaf. Eine Stunde später begann es bereits im Hause lebendig zu werden; auf dem langen Korridor, an dessen Nordostecke Lewins Zimmer gelegen war, hallten Schritte auf und ab, schwere Holzkörbe wurden vor die Feuerstellen gesetzt und große Scheite von außen her in den Ofen geschoben. Bald darauf öffnete sich die Thüre nnd der alte Diener, der am Abend zuvor seinen jungen Herrn empfangen hatte, trat ein, einen Blaker in der Hand. Hektar blieb liegen, reckte sich auf dem Rehfell und wedelte nur, als ob er rapportiren wolle: Alles in Ordnung. Jeetze setzte das Licht, dessen Flamme er bis dahin mit seiner Rechten sorglich gehütet hatte, hinter einen Schirm und begann alles, was au Garderobestncken umherlag, über seinen linken Arm zu packen. Er selbst war noch im Morgenkostüm; zu den Sammthosen und Gamaschen, ohne die er nicht wohl zu denken war, trug er einen Arbeitsrock von doppeltem Zwillich. Als er alles beisammen hatte, trat er, leise wie er gekommen war, seinen Rückzug an, dabei nach Art alter Leute unverständliche Worte vor sich her murmelnd. An dem zustimmenden Nicken seines Kopfes aber ließ sich erkennen, daß er zufrieden und guter Laune wcnw
Die Thüre blieb halb offen und das erwachende Leben des Hanfes drang in immer mahnenderen, aber auch in immer anheimelnderen Klängen in das wieder still gewordene Zimmer. Die großen Scheite Fichtenholz sprangen mit lautem Krach auseinander, von Zeit zu Zeit zischte das Wasser, das ans den naßgewordenen Stücken in kleinen Rinnen ins Feuer lief, und von der Korridornische her hörte man den sichern und regelrechten Strich, mit dem Jeetzes Bürste der Hacheln und Härchen, die nicht los lassen wollten, Herr zu werden suchte.
Alles das war hörbar genug, nur Lewin hörte es nicht.
XIV. Jahrgang. 13 . rM.
Endlich beschloß Hektar, der Ungeduld Jeetzes und seiner eigenen ein Ende zu machen, richtete sich auf, legte beide Vorderpfoten aufs Deckbett und fuhr mit seiner Znnge über die Stirn des Schlafenden hin, ohne weitere Sorge, ob seine Liebkosungen willkommen seien oder nicht. Lewin wachte auf; die erste Verwirrung wich einem heiteren Lachen. „Kusch Dich, Hektor", damit sprang er ans dem Bett. Der Morgenschlaf hatte ihn frisch gemacht; in wenig Minuten war er angekleidet, ein Vortheil halb soldatischer Erziehung. Er durchschritt ein paarmal das Zimmer, betrachtete lächelnd einen mit vier Nadeln an die Tischdecke festgesteckten Bogen Papier, auf dem in großen Buchstaben stand: „Willkommen in Hohen-Vietz", ließ seine Angen über ein paar Silhouettenbilder gleiten, die er von Jugend auf kannte und doch immer wieder mit derselben Freudigkeit begrüßte, und trat dann an eines der zngefrorenen Eckfenster. Sein Hauch thante die Eisblumen fort, ein Fleckchen, nicht größer wie eine Glaslinse, wurde frei, und sein erster Blick fiel jetzt auf die eben aufgehende Weihnachtssonne, deren rother Ball hinter dem Thurmknopf der Hohen-Vietzer Kirche stand. Zwischen ihm und dieser Kirche erhoben sich die Bäume des hügelansteigenden Parkes, phantastisch bereift, auf einzelnen ein paar Raben, die in die Sonne sahen nnd mit Gekreisch den Tag begrüßten.
Lewin freute sich noch des Bildes, als es an die Thüre klopfte.
„Nur herein!"
Eine schlanke Mädchengestalt trat ein und mit herzlichem Kuß schlossen sich die Geschwister in die Arme. Daß es Geschwister waren, zeigte der erste Blick: gleiche Figur und Haltung, dieselben ovalen Köpfe, vor allem dieselben Augen, aus denen Phantasie, Klugheit und Treue sprachen.
„Wie freue ich mich, Dich wieder hier zu haben. Du bleibst doch über das Fest? Und wie gut Du aussiehst, Lewin! Sie sagen, wir ähnelten uns; es wird mich noch eitel machen."
Die Schwester, die bis dahin wie musternd vor dem Bruder