Zechen, mich hat's jedesmal überlaufen, wenn ich Hab' in dessen Haus cinkehrcn müssen." „Das wollen wir sehen!" sprach Hänschen, dankte dem Fuhrmann und schritt auf dasselbige wirthshaus zu.
„was schaffenss" fragte der wirth. „Möcht's Gruseln lernen," antwortete Hänschen. „Die Leute auf der Landstraße sagen, bei euch war's leicht zu lernen, ihr machtet so grusliche Rechnungen und führtet eine so grusliche Kreide!" — warte Lecker! dachte der wirth, dir will ich wohl was lehren, daß dich das Gruseln ankommt, und zu Hänschen sprach er: „Mein lieber wandergesell, ihr seid mit Unwahrheit berichtet worden; in meinem Hause kann man keineswegs das Gruseln lernen, und ich bediene meine Gäste nicht so, wie euch irgend ein Schalksnarr erzählt und vorgelogen hat. Ist's euch um das Gruseln zu thun, so geht dort hinauf, auf das alte verwünschte Schloß da droben und seht zu, daß ihr die Königstochter zur Krau bekommt, die ihr Vater dem versprochen hat, der das Schloß von seinen Poltergeistern befreit; da giebt's was zu gruseln und reich zu werden."
„Ich will so thun, wie ihr mir rathet," sagte Hänschen, und der wirth sprach wieder: „Damit daß ihr hinauf geht, ist's noch nicht gethan. Erst müßt ihr beim König um Er- laubniß bitten, und müßt drei Nächte lang oben bleiben. Kommt ihr mit dem Leben davon, so ist die Prinzessin eure Frau."
„Und wenn ich nicht mit dem Leben davon komme, was danns" fragte Hänschen — und der wirth lachte ihm ins Gesicht, und sprach: „Ich merke schon, ihr seid ein Schlaukopf, ihr hättet sicher das Pulver erfunden, wenn'S nicht schon erfunden wäre!"
Und Hänschen ging eilend zu dem Könige, bat um die Erlaubniß und erhielt sie; auch sprach der König: „Mein Sohn, du darfst dir auch dreierlei mitnehmen, aber nur nichts lebendiges. Nun hatte Hänschen schon in seiner Jugend immer gar zu gern Feuer angemacht, an der Schnitzelbank gesessen und auch bisweilen an der Drehbank, und verstand mit solchen Dingen umzugehen. Darum begehrte er weiter nichts mit auf das Schloß zu nehmen, als ein gutes Feuerzeug, eine Schnitzelbank und eine Drehbank, „damit mich nicht friert," sagte er, „und ich mir die Zeit vertreiben kann." — Das ward dem Hänschen gern gegeben, und er schlug seinen Sitz in einem hübschen Zimmer mit großem Kamin im alten Schloß auf. Als es Nacht wurde, machte Hänschen ein Helles Feuer an, das wärmte und leuchtete sehr schön. Auf einmal kamen zwei kohlschwarze Katzen, die hatten Augen wie von grünem Feuer, und schrien: „miau, miau, uns friert!" „Ei wenn euch friert, so wärmt euch doch; hier ist ein Feuer!" sprach Hänschen. Das thaten die Katzen auch, dann sagten sie: „die Zeit wird uns zu lang, wir wollen zu dritt Karte spielen, Dreiblatt oder Pochens." „Meinetwegen Pochens," sagte Hänschen, „wenn ihr Karten mitgebracht habt." Die Katzen hatten wirklich ein Kartenspiel, und zeigten es Hänschen, und da sah Hänschen, daß sie fürchterliche Krallen an ihren schwarzen Pfoten hatten, und sagte: „Mit Verlaub, eure Frau Mutter hat euch die Nägel recht lange nicht geschnitten, schämt euch was, kommt, ich will sie euch putzen!" und packte die Katzen und klemmte ihnen die Pfoten in die Drehbank. Da bissen sie nach ihm, und so nahm er sein Schnitzmesser und schnitzte ihnen die Köpfe ab, und warf Katzcnköpfe und Leiber aus dem Fenster in den Schloßgraben. Als er wieder zum Feuer kam, saß ein großer Hund dort und bleckte ihm die Zähne und hatte eine feurige Zunge armslang zum Halse heraushängen. Das gefiel Hänschen wieder nicht, er nahm abermals sein Schnitzmesser und hieb damit dem Hund gerade zwischen die Zähne in den Rachen, da fiel die Zunge herunter
und der obere Kopf nahm Abschied von seinem Untertheil. Nun meinte Hänschen Ruhe zu haben und wollte sie auch genießen; in der Ecke stand ein Bette, da legte er sich hinein und deckte sich zu. Er war aber noch nicht eingcschlafen, da fing das Bett an zu fahren wie ein Dampfwagen und fuhr im ganzen Schloß herum, Treppauf, Trepp ab, durch Säle und Zimmer — aber Hänschen sagte: „Schau, nun spür' ich doch, wie's rhut, wenn vornehme Herren fahren. Fahre du nur immerzu." — Endlich mochte das Bett des Fahrens müde sein, es rollte wieder in Hänschens Zimmer, wo das Feuer noch lustig brannte, da stand es still, und Hänschen schlief ein und schlief wie ein Todter.
Am andern Morgen stand der König an seinem Bett, und sagte: „Na das heiß ich einen gesunden Schlaf, wenn ich den hätte! So gut schläft kein König. Freut mich, daß der Junge noch lebt und schnarcht. Heda! Hänschen!" — „Schön guten Morgen, Herr König! Schon so frühes" fragte Hänschen, „wünsche wohl geruht zu Habens" sprach der König. „Danke, gleichfalls!" sprach Hänschen. „Kannst auf meine Rechnung drunten beim wirth frühstücken und zu Mittag essen, aber abends bist du wieder hier oben, magst dus" sprach und fragte der König. „Ei freilich wohl," sagte Hänschen; „drei Nächte müssen's sein."
wie Hänschen zum wirthe kam, wunderte der sich sehr und fragte: „Nuns noch lebendig s — Aber das Gruseln wird man doch gelernt haben in heutiger Nachts" — „Nicht rühran!" erwiederte Hänschen. Da fing es dem wirth selber an, vor Hänschen über und über zu gruseln. Hänschen ließ sich's wohl sein auf des Königs Rechnung, und sorgte sich nicht um diese, und als es Abend wurde, war er schon wieder oben im Spukschloß, und machte sich sein Feuer an. Auf einmal prasselte es droben im Schornstein, als breche alles in tausend Trümmer, und da kam ein Kerl herunter gefahren, der war aber nur halb. „Na," sagte Hänschen: „was soll denn das seins da fehlt ja noch ein Halbschied, anderthalb Mann sind doch noch keine Gesellschaft." Kaum hatte Hänschen das gesagt, bautz! kam die andre Hälfte nachgefallen, mitten in das Feuer. Hänschen nahm die beiden Hälften, warf sie aus dem Kamin in die Stube, und brachte sein Feuer wieder in (Drdnung. wie er damit zu Stande war und umschaute, war aus den beiden Hälften ein einziger Kerl geworden, aber kein schöner, der saß auf Hänschens Stuhl.
„Platz da!" schrie Hänschen, „hier sitze ich, marsch, oder ich halbir' dich mit dem Schnitzelmesser!"
Auf einmal polierte es wieder im Schornstein, Todten- beine und Schädel prasselten herab, und noch einige Männer vom gräulichsten Aussehen. „Guten Abend, meine Herren!" sagte Hänschen: „Sie sind doch ganze Männer, das laß ich mir gefallen. Gehören vielleicht in die Familie Schöns Ach wie schade, daß kein Spiegel im Zimmer hängt, womit könnt' ich Ihnen denn eigentlich dienend" — Die Männer sahen Hänschen mit furchtbaren Blicken an, einer nahm die Todtenbeine, es waren gerade neun, und stellte sie als Kegel auf, die andern nahmen die Schädel und rollten sie nach den Kegeln.
„Kegel schieben thu' ich für mein Leben gern!" sagte Hänschen! „erlauben Sie nicht, daß ich auch mit spielet Spielen Sie Brettspiel oder partenss um's Partiegelds wies"
„Hast du Gelds" fragten die Männer grimmig.
„Oul!" sagte Hänschen, und fuhr in die Tasche und klimperte.
„Nun so schieb an!" schrie einer der Männer, und reichte ihm einen Todtenschädel dar.
„Mit Verlaub, das ist eine eckige Kugel. Gebt her, da Hab' ich eine Drehbank stehen, wollen sie hübsch rund drehen, damit wir gut alle Neun treffen." Sprach's und