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XIV. IkhlMNg. Austzkgrlml m» 23. FrLnuir 1878. Der Jahrgang läuft nani Gktalicr 1877 Ins dahin 1878. 1878. ^ 21.
Wor dem Sturm.
Historischer Roman von Theodor Fontane.
Nachdruck verboten. Ges. v. 11./VI. 70.
(Fortsetzung.)
XIX. 1,6 6 in er.
In dem Speisesaale herrschte trotz Kaminfeuers die im Eßzimmer sich ziemende niedrige Temperatur. An einem ovalen Tische war gedeckt. Die Gräfin saß, wie herkömmlich, zwischen Krach und Drosselstein, ihr gegenüber Renate. Jäger und gallo- nirte Diener waren geschäftig; ein Kronleuchter brannte.
Der Graf überblickte, während er das Serviettentuch einknotete, den Saal, dessen architektonische Verhältnisse, durch ein- sache Ausschmückung unterstützt, auch heute wieder den angenehmsten Eindruck auf ihn machten. Es waren vier Stuckwände, gelblich getönt, von Goldleisten eingefaßt, an: Plafond ein Deckenbild, das „Gastmahl der Götter" darstellend, eine Kopie nach dem bekannten Fresko der Farnesina. Krach und Nutze, wie sich klar machend zum Gefecht, schoben die Gläser hin und her, Drosselstein aber wandte sich jetzt der Gräfin zu, um nach einigen der Erbauerin des Saales und ihrem Geschmacks geltenden Verbindlichkeiten, nach dem Grafen Narbonne, dem ersten Adjutanten des Kaisers zu fragen, der, wie die Zeitungen gemeldet, am Weihnachtsheiligabend auf seiner Rückkehr von Rußland beim Könige gespeist habe.
„Ich hörte davon," erwiderte die Gräfin; „auch General Desaix war zugegen. Graf Narbonne, ob. so ms 1s rappstw trss-bisn. Er gehörte dem alten Hofe an, war ein Liebling Marie Antoinettens und lancirte sich geschickt in das Empire hinüber. Wissen Sie, was ihm das Herz des Kaisers eroberte?"
Drosselstein verneinte.
„Eine Sache der Etiquette. Also eine Bagatelle, ein Nichts, wie die Leute von heute sagen würden. Aber die Parvenüs sind auf keinem Gebiete so bereitwillig zu lernen und zu belohnen als auf diesem. Ich habe die Anekdote aus Graf Haug- witz' eigenem Munde. Es war unmittelbar nach der Kaiserkrönung, als Narbonne, damals Oberst, dem Kaiser eine Depesche überbrachte. Er ließ sich auf ein Knie nieder und prä- sentirte den Brief auf seinem Hute. „Lb Visn," rief der Kaiser,
XIV. Jahrgang 2l. aa.
Jetzt wo die Gräfin den Namen mit der bestimmten und doch zu- Bemerkung zu
„M'ssb 66 gns osta vsnt äirs?" Der Oberst antwortete: „8irs, e'sst ainsi gn'on prössntait Iss äöxssbss ä bouis XVI." „Xb, e'sst Irss-bisQ," antwortete der Kaiser, und Narbonne war als Günstling installirt. Uebrigens sind auch die Desaix vom Ancien Rsgime alter Adel aus der Auvergne."
Nutze hatte gleich anfangs aufgehorcht, als General Desaix genannt worden war. wiederholte, wandte er sw gleich von einer Unglücksahnung durchzitterten ihr hinüber: „Daß seines Wissens General Desaix im Kriege gegen die Oesterreicher gefallen sei. Er entsinne sich eines Musikstückes: Die Schlacht bei Marengo, in dem es am Schluß in einer Parenthese geheißen habe: „Desaix fällt."
Selbst über Krachs unerschütterliches Antlitz flog ein Lächeln; Drosselstein wollte aufklären, Bamme jedoch kam ihm zuvor und begann mit jener erkünstelten Feierlichkeit, in der er Meister war: „Ja, Nutze, es ist eine tolle Welt. Da fällt einer Anno 1800 bei Marengo in voller Junihitze, und am Heiligenabend 1812 sitzt er bei Seiner Majestät von Preußen zu Tisch. Es sind unglaubliche Kerls diese Franzosen. Nicht 'mal ihre Tobten ist man los. Sie drängen sich in Diners ein; wer weiß, was wir heute noch zu erwarten haben. Im übrigen wird es wohl ein älterer oder jüngerer Bruder gewesen sein."
Der Protzhagener Hauptmann verfärbte sich und antwortete piquirt: Er danke dem General von Bamme für die schließliche Lösung des Räthsels, müsse sich aber die Bemerkung erlauben, daß es hierzu keiner besonderen Husarenschlauheit bedurft hätte. Aufschlüsse wie diese lägen auch noch innerhalb des Jnfanteriebereichs.
Bamme lachte; jede Form der Entgegnung war ihm recht. Er nahm nichts übel und befand sich in der glücklichen Lage, um eines Muthes willen, den niemand bezweifelte, seine Pistolen nicht erst laden zu müssen.
Der Zwischenfall währte nicht lange; die Gräfin beschwich-
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