obsolet gewordene Monographie von Conrad Wandrey und die zahlreichen dort vorgetragenen normativen Werturteile.) Allerdings scheint es Ahrens dar auf angelegt zu haben, jeder ernsthaften ästhetischen oder gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung ganz aus dem Wege zu gehen. Er macht es sich in. seiner bewußten Simplizität zu einfach (womit nichts gegen Simplizität gesagt sein soll und schon gar nicht in Verbindung mit Fontane; aber der gleichen will am längsten erarbeitet sein). Wir begegnen in dieser Biographie einem sympathischen Menschen und Künstler, mit dem eigentlich jeder nur einverstanden sein kann. Nicht, daß Ahrens Fontane nur als sentenzenreichen Meister des „heiteren Darüberstehens" — wie das bekannte Klischee lautet — vorstellte; Fontanes Kämpfe und Leiden werden bereits durch die Proportionen der biographischen Erzählung, die den Jahrzehnten der schriftstellerischen Entwicklung breiten Raum gönnen, überzeugend deutlich. Aber das „heitere Darüberstehen" kehrt in veränderter Weise zurück durch den Ton, in dem hier erzählt wird. Größe und Verhängnis des 19. Jahrhunderts, in dem die Katastrophen und historischen Umbrüche unseres Jahrhunderts ihre unmittelbare Voraussetzung haben, werden in dieser Erzählung ad usum delphini eher unterspielt.
Ahrens hat darauf verzichtet, die zahlreichen Zitate aus Werken und Briefen Fontanes zu belegen; das scheint mir folgerichtig. Allerdings ist gerade dann eine genaue und fehlerfreie Zitierweise zu fordern. In diesem Punkt aber weist das Buch grobe Mängel auf. Es wimmelt von Druck-, Lese- oder Verständnisfehlern. So liegt etwa Kommerzienrat van der Straatens Villa („L'Adultera") nicht „Spree abwärts am Nordweststrande des Tiergartens", sondern an dessen Rande (S. 304); Fontanes Kriegsbücher — so die gängige Bezeichnung für die Darstellung der drei Bismarckschen Kriege — sind keine „Kriegstagebücher" (S. 409); Kriegervereine, nicht „Kriegsvereine" gab es in dieser Zeit (S. 310); ein sinnfreier, kein „sinnenfreier" Daseinsdrang wird bei Schopenhauer erörtert (S. 297); in Kloster Dobbertin, nicht in „Dobertin" lebte Mathilde von Rohr (S. 281); Wilhelm von Humboldt, nicht sein Bruder Alexander dürfte gemeint sein, wenn es sich um die Reform des preußischen Schulwesens handelt (S. 37 f.); Lepel, Fontanes Jugendfreund, Junker und Gardeoffizier, wird, sehr störend, zumeist als „Bernhard Lepel" bezeichnet. Ein Kapitel für sich sind die Namen: „Wienenbarg", lies Wienbarg (S. 43), „Swindemünde", lies Swinemünde (S. 31), „Goßlar", lies Goßler (S. 357); „Gert von Instetten", lies Geert von Innstetten (passim), „Grethe Minde", lies „Grete Minde" (passim); „Schmiedberg", lies Schmiedeberg (S. 375); „Ziehvater Bucholt" („Ellernklipp"), lies Bocholt (S. 296); „Raimarus", lies „Reimarus" (S. 127); „Minckewitz", lies „Minkwitz" (S. 130); „Ryno Quehl", lies „Rhyno Quehl" (S. 134); „Cheerneß", lies „Sheerneß" (S. 152); „Mourgate Street", lies „Moorgate Street" (S. 160); „Nicholas Nicleby", lies „Nicholas Nickleby" (S. 76); „Roquett", lies „Roquette" (S. 147); „Ralaigh", lies „Raleigh" (S. 147) usw. Zu diesen Namensverballhornungen kommen allerlei Wortungetüme wie „Draguertypie" (S. 145), „Languaege" (S. 135), „dekradieren" (S. 147), „kratzbuckeln" (S. 39), „Hon- nerus" (S. 130) — gemeint sind „Honneurs", die Fontane, wie er am 7. Januar 1851 an Lepel schrieb, der „abgeleierten Nibelungenstrophe" nicht machen wolle (es geht um das geplante Epos „Barbarossa"); man kann nur noch mit Humor zur Kenntnis nehmen, daß im Zitat desselben Satzes nun gleich noch
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