oder Modifizierung unter den Bedingungen der nach 1850 entstehenden restau- rativen Machtverhältnisse befragt wird.
Zentrale Untersuchungsaspekte sind zum einen die gesellschaftlichen, politischen und bewußtseinsmäßigen Auswirkungen der gescheiterten Revolution, zum anderen die sozialen und ideologischen Folgen der kapitalistischen Industrialisierung (S. 5).
Über eine Analyse kontinuierlich abgedruckter programmatischer Beiträge beschreibt die Verf. die publizistische Slragetie der Zeitschrift, die zwar in ihrer negativen Bestimmung klar Umrissen ist, ihren eigentlichen Zweck jedoch sehr viel unverbindlicher formuliert (S. 25). Der erst erhellt aus der Analyse von Artikelserien und Erzählungen und steht im Zusammenhang mit Gutzkows Vorstellungen von den Aufgaben zeitgenössischer Publizistik, die nach der gescheiterten Revolution dazu beitragen soll, die politische Reifung des Bürgertums voranzutreiben. Die Strategie bleibt eine „progressive Veränderung des Status quo ... über die geistig-moralische Formung des Einzelnen" (S. 40). Während in der Forschung noch weitgehend die Auffassung vertreten wird, Gutzkow habe mit den „Unterhaltungen" seine vorrevolutionäre literarischpublizistische Strategie aufgegeben, gelangt die Verf. über ihre Analyse zu überzeugenden Gegenargumenten: „Der .häusliche Herd' ist in diesem Sinne kein Symbol für den Übergang auf die Position philiströser Selbstgenügsamkeit; nicht eine Stätte des Ausgliederns aus den gesellschaftlichen Zusammenhängen .... sondern ein Refugium, in dem es angesichts des eklatanten Mangels an politischer Öffentlichkeit noch möglich scheint, die Verbindung zum .Werden und Wirken' der Zeit aufrecht zu erhalten." (S. 40)
In einem Verfahren, daß die Verf. selbst als deskriptiv-analytisch und kommentierend bezeichnet (S. 5) und in der Auswahl der untersuchten Beiträge wird der Eindruck vermittelt, dafj das Profil der Zeitschrift unter den genannten Aspekten erfaßt ist. Es ist allerdings nicht einleuchtend, weshalb wichtige Bezüge zum zeitgenössischen Umfeld vorwiegend im sehr umfangreichen Anmerkungsapparat hergestellt werden. Die beabsichtigten Differenzierungen beispielsweise zwischen dem Liberalismus bei Gutzkow und dem seiner Gegenspieler Gustav Freytag und Julian Schmidt geraten daher zu sehr in den Hintergrund.
Auch überwiegt im letzten Drittel der Arbeit eine stark referierender Gestus, wobei diei Verf. oft in den moralisierenden Grundton der Zeitschriftenautoren verfällt. Das ist bedauerlich angesichts des souveränen Umgangs mit dem Gegenstand, der die Arbeit in ihren ersten Teilen prägt. Es bleibt aber hervorzuheben, daß die getroffenen Wertungen überzeugen und das Profil der „Unterhaltungen" ausgewogen in Leistungen und Grenzen der Konzeption erfaßt wird.
Mit einem im ganzen „kritisch-rationale(n) Geist" (S. 153) und Tendenzen einer theoretischen Fundierung ihrer Fragestellungen werden „Zweifel an der optimistisch-fortschrittsgläubigen Position des liberal-,nationalökonomisch' orientierten Bürgertums" ins öffentliche Bewußtsein gerückt (S. 107). Jedoch „die letztlich immer beibehaltene Position des bürgerlichen Beobachters" verhindert „eine tiefergehende Analyse der sozialen Widersprüche, ihrer Wurzeln und Konsequenzen ..." (S. 149).
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