Heft 
(1878) 30
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^ Stecknadeln, und etwa noch einer Scheere, das ist alles. In

l das Schüsselchen wird klares Wasser gefüllt, dem todten Käfer

! werden die Flügeldecken und Beine weggeschnitten und der Leib mit Nadeln auf dem Wachsboden befestigt, aber so, daß er sich unter dem Wasser befindet. Nun schlitzen wir vorsichtig die l harte Haut durch, die den Leib des Kasers auf der Rückseite deckt, biegen die Hornringe zur Seite, tragen sie möglichst weit ! ab und haben nun folgendes Bild vor uns. Das ganze Innere des Käfers ist, soweit wir sehen, von einem feinem Netzwerke silberweißer Fäden durchzogen; einige dieser Fäden sind etwas stärker, die meisten aber ungemein zart und dünn. Daß wir dieses so deutlich erkennen, hat seinen Grund darin, daß sich ^ das Ganze unter Wasser befindet. Hätten wir im Trocknen gearbeitet, so würde alles aneinander kleben und wir nur wenig oder gar nichts zu sehen bekommen, im Wasser dagegen schwimmen die zarten Theile frei umher und sind deutlich wahrnehmbar.

! Noch mehr aber als die weißen Fäden fallen uns die überaus zahlreich an denselben hängenden Blasen auf, die ebenfalls von silberheller Farbe sind. Vorsichtig stechen wir mit einer Nadel ) in eine solche Blase und siehe da, eine Helle Luftperle tritt aus, die Blase sinkt zusammen und ist nun minder deutlich wahr­nehmbar. Dieses ganze System von Aesten, Zweigen und den > wie Früchten an ihnen hängenden Blasen sind eben die Tra- ^ cheen. Ihre Helle Farbe rührt davon her, daß dieselben mit Luft gefüllt sind, welche das durch das Wasser auffallende Licht ^ reflektirt, und so das Tracheensystem in seinem schönen Silber-

^ glanze sich unseren Augen darstellen läßt. Gerade die Blasen

nun sind es, die den eigentlichen Grund desZählens" ans- j machen. Denken wir uns statt des im Interesse der Wissenschaft

^! hingeopferten, zerschnittenen Maikäfers nun wieder ein Exemplar,

) welches noch einige Zeit auf dieser schönen Erde zu verweilen

i gedenkt und munter seinen Weg dahinzieht. Man muß zugeben

! und kommt auch bei näherer Betrachtung des braunen Gesellen

! leicht zu der Ansicht, daß er eigentlich für das Fliegen etwas

massiv und plump ist. Von der graziösen Gestalt, die wir bei anderen Insekten, z. B. bei den Wasserjungfern bewundern, ist nichts zu sehen, und zu dem vierschrötigen Bau des Maikäfers kommt noch hinzu, daß seine Flügel nicht eben übermäßig groß sind. Selbstverständlich meine ich hier nicht die braunen Flügel­decken, sondern die unter denselben liegenden durchsichtigen und von zahlreichen Adern durchzogenen Gebilde. Und trotz alledem fliegt so ein Maikäfer doch recht rasch und recht geschickt, wie man ja leicht an jedem grünen Baume sehen kann, den eine Gesellschaft von Maikäfern einer näheren Besichtigung und Prü­fung gewürdigt hat. Wie schnell segeln die Räuber um die im herrlichsten Schmuck ihres grünen, saftigen Laubes prangenden Baumkronen herum, nach allen Richtungen hin durchschneiden sie die warme Luft, um, wählerisch wie sie sind, von einem Baume zum andern zu fliegen und bald hier, bald da an einem Blatt zu naschen. ._

Da kommen ihnen eben die erwähnten Anhängsel an ihren Tracheen zu Statten. Vor dem Auffliegen pumpen die Käfer diese Ballons ganz voll Luft; sie bewerkstelligen dieses durch die eigenthümlichen Bewegungen ihres Körpers, und das Re­sultat dieser Bemühungen ist, daß das ganze Thier leichter wird. Daß dem in der That so ist, wird jeder leicht einsehen, wenn er folgendes überlegt. Ein, ich will einmal so sagen, nicht aufgeblasener Maikäfer verdrängt mit seinem Körper einen ge­wissen Raumtheil Luft. Hat das Thier sich nun voll Luft ge­pumpt, so ist doch offenbar dadurch das Körpervolumen, d. h. also der Raum, der jetzt von dem Käfer in Anspruch genommen wird, größer geworden. Diese Zunahme besteht nun aber nicht etwa in Vermehrung der materiellen Substanz des Käferleibes, sondern in Luft. Es liegt also auf der Hand, daß der Käfer jetzt relativ leichter geworden ist, oder was dasselbe sagt, jetzt bei gleichem Körpergewicht ein größeres Volumen an Luft ver­drängt als vorher.

Diese Einrichtung ist in hohem Grade Bewunderung er­regend. Ein Thier, das sich unter zum hurtigen und leichten Fliegen nicht gerade günstigen körperlichen Bedingungen be­findet, hat die Fähigkeit sich durch vermehrte Luftaufnahme in die für den angegebenen Zweck denkbar günstigste Lage zu ver- ! setzen. Damit übrigens die so mühsam aufgenommene Luft nicht , ohne weiteres wieder durch die oben erwähnten Oeffnungen der Tracheeustämme, die bei den Käfern wie bei den übrigen Insekten sich gleichfalls an den Seiten des Körpers vorfinden, wieder entweiche, ist eben an diesen Oeffnungen noch ein besonderer Apparat angebracht, dessen ich hier auch noch kurz Erwähnung thun will. Nach Innen zu vor jeder einzelnen Tracheen­mündung befindet sich eine Art von Klappenvorrichtung. Be­sondere Mnskelcheu, die das Thier frei und nach vollster Willkür wirken und arbeiten lassen kann, schließen und öffnen diese Klappen je nach Gutdünken. Hat nun der Maikäfer sein Quantum Luft in sich ausgenommen, so schließt er einfach die Klappen zu, verhindert so Ven Wiederaustritt der Luft und ist nun zum Fliegen völlig gerüstet. Es ist mit größter Wahr­scheinlichkeit anzunehmen, daß während des Fliegeus selbst die Klappen geschlossen bleiben, denn sonst wäre eine andere Er­scheinung nicht leicht zu erklären. Schlägt man nämlich einen eben aufgeflogenen Maikäfer rasch zu Boden, aber natürlicher­weise nicht so, daß er au Leib und Leben Schaden nimmt, so fliegt er, fast momentan, wenn er den Boden berührt hat, wieder weiter, ohne vorher zu zählen. Er muß dann noch seinen gehörigen Vorrath von Lust im Leibe haben, da er ja eben sonst gar nicht ausfliegen könnte, und dieses ist eben nur so denkbar, daß er während des Fluges der Luft den Aus­tritt nicht gestattet, sondern dieselbe durch Geschlossenhalten der Tracheenklappeu bei sich behält. So hat also das Zählen unseres Maikäfers seinen guten Grund.

Karöenjtudien.

Nachdruck verboten. Ges. v. in/VI. 7».

Bon Franz Delitzsch.

II. Das Blau des Himmels.

Die Entstehung des Lichts im Uranfang war auch die Entstehung der Farben. Das Geheimnis; des Lichts rührt nahe an das Geheimnis; Gottes. Denn als über das im ersten Bildungsprozeß begriffene Chaos der Ruf:Es werde Licht!" erging, von wem gingen denn da die Impulse der Strahlen aus, welche den Weltäther in schwingende wellige Bewegung versetzten? Von wem anders als dem, welcher selber absolutes Licht ist? Finsternis; lagerte ans den Wassern des Uranfangs ein leuchtender Körper, welcher dem Weltäther die eigenen Schwingungen hätte mittheilen können, war also nicht vorhanden.

Das Licht ist ein Geheimniß. Wir können die Licht- erschcinungen erklären, aber das Wesen des Lichts begreifen können wir nicht. Auf die Frage nach der Urstätte oder dem Ursprünge des Lichts und der Finsterniß muß ein Helmholtz heute noch ebenso verstummen wie Hiob, als der Herr ihm diese Frage vorlegte (38, 19). Newton hielt das Licht für einen Stoff von unendlicher Feinheit, welcher von den leuch­tenden Körpern in verschiedenfarbigen Theilchen ausgeschleudert

werde. Dagegen betrachtet die neuere Wissenschaft, hierin über ihn hinausgeschritten, das Licht als eine aus der Vibration des Körpers d. h. den Schwingungen des ihn durchdringenden Aethers hervorgehende Erscheinung und lehrt, daß wie der Schall sich durch die der Luft mitgetheilten Schwingungen des schallenden Körpers fortpflanze, so das Licht durch die dem Aether, welcher den Weltraum erfüllt, mitgetheilten Schwingungen des leuch­tenden: Aetherbewegung gibt Licht, und ruhender Aether ist Finster­niß. Freilich ist dieser Aether nicht wie die Lust eine sinnlich wahrnehmbare Wirklichkeit, er ist nur eine zur Erklärung der Lichterscheinungen nothwendig befundene Voraussetzung, aber eine sich bewährende. Auf Grund dieser Voraussetzung erklären wir uns die Entstehung der Farben daraus, daß in dem farb­losen weißen Lichte eine unzählbare Menge von Strahlen ent­halten ist, deren Wellenlänge je nach der Langsamkeit oder Raschheit der Aetherschwingungen, durch die sie sich sortpflanzeu, znnimmt oder abnimmt; die Lichtempfindung des Blauen und Violetten entsteht, wenn der Aether in einer Sekunde gegen 700800 Billionen Schwingungen macht und in entsprechend