Heft 
(1878) 31
Seite
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Mit dem alten van Hovenbooken hat er es ebenso lächer­lich getrieben!" sagte einer der Deutschen.Der Alte schläft in seinem Landhause in einen: Hinteren Zimmer, in das er seinen Geldschrank hat setzen lassen; auf dem Nachttische hat er gewohnheitsmäßig eine gute Schießwasfe liegen. Neulich nachts wacht er ans und sieht eine schwarze riesige Gestalt, die an seinem Bette steht und in den Kleidungsstücken umhersucht. Wie van Hovenbooken die Angen anfschlägt, sagt die Gestalt: Sie erwachen im richtigen Moment, Mynheer! Ich wollte Sie nicht belästigen, aber leider finde ich den Schlüssel nicht." Der Alte ist vor Schreck starr, aus seinem Nachttische fehlt der Revolver; er richtet sich also im Bette auf und langt unter dem Kopfkissen die Schlüssel heraus.Und nun die Rosettenstellung, Mynheer, damit ich Sie nicht zu inkommvdiren brauche," sagt die Gestalt. Hovenbooken sagt ihm zitternd und zähneklap­pernd, wie er es machen muß; der Kerl öffnet den Schrank, stopft sich die Taschen voll allerlei guter Sachen, schließt sauber wieder zu und legt die Schlüssel dem Alten unter das Kopf­kissen.Entschuldigen Sie die Störung, Mynheer!" sagt der Kerl und ist plötzlich verschwunden, ohne daß auch nur eine Thür geknarrt hat. Natürlich erholte sich Hovenbooken nun von seinem Schrecken und machte Lärm, aber es hat sich auch nicht eine Spur von der schwarzen Gestalt gefunden, nicht ein­mal über den Weg, den sie genommen, ist man klar geworden. Der Revolver lag oben auf dem Geldschranke."

An: rüthselhaftesten scheint mir der Antheil des Kerls mit dein schwarzen Pflaster an allen diesen Geschichten," sagte ein anderer der Gäste.Man hört nie, daß er dabei gewesen, aber wer den Schwarzen am Tage gesehen hat, und das be­haupten viele Leute in der Kolonie, der hat auch diesen Menschen bei ihm gesehen."

Muß doch seine Rolle spielen, vielleicht hinter den Cou- lissen," bemerkte mein Wirth.Man wird ihm schwerlich etwas anhaben können, wenn man ihn fängt, und für diesen Fall scheinen mir die fünftausend Gulden viel Geld."

Vielleicht denkt der Gouverneur, mit dem einen bekommt er auch den andern," sprach Voet seine Meinung aus.

Die Geschichte des letzten Erzählers blieb nicht vereinzelt; cs wußte jeder ans der Gesellschaft etwas von dem räthsel- hasten Schwarzen zu berichten, und alles kam darauf hinaus, daß der Mann mit beispielloser Frechheit seine Diebstähle voll­führte und nicht selten die Beweise einer herkulischen Kraft hinterließ. Wir kamen erst sehr spät von dem Thema wieder ab, und es war gegen den Morgen, als die Fuhrwerke mit ihren Besitzern davon rollten.

Am nächsten Vormittage konnten wir von unserer Arbeits­lust nicht viel Aufhebens machen; Rodrig, mein liebenswürdiger Wirth, fuhr zwar nach dem Comptoir hinunter, aber er kam eine Stunde früher zurück als sonst, und dem Essen schenkten wir eine nur geringe Aufmerksamkeit. Eine desto größere der Siesta; ich hatte einen Schaukelstnhl von bewunderungswürdiger Bequemlichkeit eingenommen, mein Freund bezog eine Hänge­matte, die zwischen den Pfosten der Veranda gespannt wurde; fünf Minuten später lagen wir im wohlverdienten Schlafe.

Da ich mich auffallenderweise in keine der schönen Kreolinnen meiner Bekanntschaft so weit verliebt hatte, um ihr meine Träume widmen zu müssen, so befaßte ich mich im Schlafe mit allerlei wunderlichen Dingen; erst war es ein Abenteuer mit einen: Tiger, das ich einige Wochen früher im Ernste erlebt hatte und nun mit sehr unwahrscheinlichen Veränderungen rekapitn- lirte, deren gelindeste zum Beispiel war, daß der Tiger über

erheblich mehr als vier Beine verfügte und mich in guten: Hochdeutsch auf das gröblichste anredete, bevor er mich ver- H

schlang; später machte ich als Reminiscenz einen Schiffbruch durch, wobei ich jedoch nach einen: bisher unbekannten Hydro- )

statischen Gesetze wie ein Baumwollenballett auf den: Wasser tanzte; schließlich kam ich auf den Schwarzen des Tages und s ! mußte es erleben, daß der Mensch mich zwang, von einer großen Stahlscheere, mit den Spitzen beginnend, stückweise abzubeißen -, und hinunterzuschlucken. Es ist erklärlich, daß die scharfen ! ! -

Kanten des Eisens sich in meinen: Magen fühlbar machten und schließlich so schmerzhaft, daß ich erwachte und wirklich einen stechenden Schmerz im Magen fühlte. ^ ^

Das war es aber nicht, was mich zunächst beschäftigte; denn als ich die Angen schlaftrunken anfschlug, sah ich, wie ein schwarzer Körper schattenhaft an mir vorüberhuschte, und hörte, ^ wie mir die Erscheinung die Worte znrief:Ooock svsiünZ, -

und sah und hörte in: nächsten Augenblicke nicht das Geringste ! mehr, denn der Schatten war wie ein Phantom in den Ge- ; .

büschen verschwunden und die Stimme in dem tiefen Schweigen z um mich her verklungen. ; ,

Ich war beim Erwachen so wenig Herr meiner Sinne, f !

daß mir die Erscheinung in: ersten Augenblicke nicht einmal !

völlig zun: Bewußtsein drang; ich that, was ich in ähnlichen - ) Fällen gewohnheitsmäßig und mechanisch thne: ich griff nach ft

der Uhr, um zu sehen, wie lange ich geschlafen hätte. Aber die Hand fand nicht, was sie suchte. Die Uhr war verschwunden!

Damit kam plötzlich klares Bewußtsein über mich, ich sprang : mit einen: Satze auf die Füße und rief Rodrig. Ein un- i

artikulirter Laut ans der Hängematte bewies mir, daß mein ;

Freund noch keine Lust verspürte, sich ermuntern zu lassen. , - ^

Rodrig!" sagte ich, indem ich ihn zu schütteln begann, - !

wir haben Besuch gehabt!" :

Soll wicderkommen!" brummte er, ohne sich zu rühren.

Ich mußte lachen über diese ahnungslose Höflichkeit. ^ -

Wir wollen cs nicht hoffen," sagte ich.Mir scheint, ^ h daß uns der Schwarze heimgesucht hat."

Das wirkte; Rodrig war mit einem Sprunge aus der !

Hängematte und stürzte in das Hans hinein. Wir brauchten !

nicht lange nach Spuren des Einbruches zu suchen: ein Schreib­tisch, das einzige Hansgeräth, in den: man Werthsachen vcr- muthen konnte, war gesprengt und in den Papieren ziemlich rücksichtslos gewirthschaftet; eine Geldsumme fehlte, welche glück- : licherweise mäßig genug war, un: sie verschmerzen zu können. Schließlich entdeckte mein Wirth gleichfalls das Fehlen seiner Uhr und wir kamen, nachdem der Schaden ermittelt war, zu ! ! den: Ende, daß der Dieb kein übermäßiges Geschäft bei uns gemacht hatte. Natürlich waren die Malayen inzwischen zu­sammen gelaufen, nachdem sie unsere Mittagsruhe zu einen: ähnlichen Zeitvertreibe benutzt hatten; sie flüsterten sich mit furchtsamen Gesichtern erschreckliche Gerüchte zu, und jeder schien in: Stillen Gott zu danken, daß er den: gefürchteten Räuber nicht unter die Augen gerathen sei. Rodrig fuhr fünf Minuten ft später nach der Stadt hinunter, um von der Sache bei dem i

Sicherheitsamte Anzeige zu machen; aber damit war wenig i

mehr als nichts erreicht: unser Fall lieferte weiteres Akten- : material, die Polizei verdoppelte ihre vergeblichen Anstrengungen, ft des Thäters habhaft zu werden, und in der Stadt widerfuhr i ^

uns die Ehre, das Tagesgespräch zu bilden, freilich nur aus einen Tag, da vierundzwanzig Stunden später bereits ein neuer unerhörter Fall die allgemeine Aufmerksamkeit in Anspruch l nahm. (Fortsetzung folgt.) ft

Aarberrstudien.

Von Franz Delitzsch.

Nachdruck verboten. Ges. v. II./IV. 7».

III. Purpur und Scharlach.

Das farblose Licht ist die Einheit der Farben. Wenn es durch das Prisma geleitet wird, gestaltet sich aus ihm das prachtvolle Farbenstufenbild, welches wir das Spektrum nennen. Die farbigen Strahlen erscheinen von unten nach oben mehr und mehr abgelenkt von der Richtung, die der farblose Weiße

Strahl ohne die Brechung genommen haben würde. An: fernsten von dieser Richtung liegt der violette Strahl und ihr an: nächsten der rothe. Der rothe Strahl ist also der nächste, den das Licht aus sich erschließt, wenn es sich differenzirt. Dies zeigt sich auch darin, daß unsichtbares Licht zunächst als rothes für uns in die Sichtbarkeit tritt. Wenn die Wärme zur Glut

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