Heft 
(1987) 43
Seite
484
Einzelbild herunterladen

sagen könnte, wie die Nachricht von Ihnen . . wie der Ausdruck Ihrer freund­lichen Gesinnung- mir wohl getan! ... Sie fahren also fort, mir Gutes und Liebes zu erweisen. Dankbarer aber kann ich Ihnen nicht mehr werden, als ich es schon war."*

Wolfsohns Besuch bei Emilies Adoptiveltern ist auch durch mehrere Schreiben belegt, die Fontanes Braut, seit dem 8. Februar 1848 in Liegnitz zu Besuch 11 , an Bertha Kummer schrieb. So heißt es am 16. Februar, dem Tag der ersten Lesung Wolfsohns:Heut Abend bist Du hoffentlich in Wolfsohns Vorlesung, es ist recht schön, daß Du doch diesen Genuß haben kannst. Ich werde heut die erste große Gesellschaft hier mitmachen . . . gern vertauschte ich diese Festlichkeit mit einem Teeabend be; Dir, meinen Theo zur Seite und Herrmann (Müller, Emilies Halbbruder] und Wolfsohn im interessanten Gespräch."* Am 1. März fragte sie an:Gewiß hat Dich die traurige Lage unseres guten Wolf­sohns auch recht betrübt. Du warst doch in seiner zweiten Vorlesung?"* 1 Und noch am 28. März erkundigte sie sich ungeachtet ihrer Beunruhigung durch die Ereignisse in Berlin:. .. ist denn Wolfsohn noch da?" 11 Emilies Worte über die , ; traurige Lage unseres guten Wolfsohns" lassen ver­muten, daß seine Lesung ungeachtet der empfehlenden Sätze des Berliner Kritikers derVossischen Zeitung" Ludwig Reilstab, daß Wolfsohnin einer einzelnen Vorlesung hierselbst sich die Anerkennung der Anwesenden ent­schieden erworben" habe 10 keine zahlreiche Zuhörerschaft gefunden und er daher wenig Einnahmen erzielt hat. Einen aufrichtigen Bewunderer fand Wolfsohn neben Lepel und anderen Leuten vom Fach in dem österreichischen Schriftsteller Hieronymus Lorm (Heinrich Landesmann), der damals in Berlin lebte und sich anderthalb Jahre später an die Berliner Lesungen erinnerte: Ja, selbst in der Stadt, die sich so gern'die der Intelligenz nennen läßt und in der Tat durch die Vorträge berühmter Literaturforscher auf diesem Gebiete sehr verwöhnt worden ist, gelang es Dr. Wolfsohn, Anerkennung und lohnende Teilnahme zu erringen, und dies in einem Augenblicke, als die politische Auf­regung alle geistige Kraft der Bevölkerung ausschließlich in Anspruch zu neh­men schien, in den ersten Märzwochen 1848. Freilich unterbrachen die dann eingetretenen Ereignisse seine Wirksamkeit, wie sie denn momentan über­haupt jedes literarische und künstlerische Interesse verdrängten." 11 Außer der Erwähnung in den zitierten Briefen Emilies über die miteinander verlebten Abende bei dem Ehepaar Kummer und Lepels Einladung der Freunde zu seinem alsjour fixe" festgelegtenSonnabend" sowie seiner sicher ver­wirklichten Aufforderung an Fontane, Wolfsohn mit in denTunnel" zu brin­gen, wissen wir über gemeinsame Unternehmungen beider in diesen außer­ordentlichen Tagen in Berlin nur wenig. Zweifellos besuchte Fontane in Ge­sellschaft Bertha Kummers oder Lepels Wolfsohns Vorlesungen. Besuche bei Sophie Melgunow fanden statt, die Emilies Eifersucht erregten, was ihr Wolf­sohns Tadel eintrug. 12 Eine politische Stellungnahme ist nur von Fontane bekannt, der zwar sein Handeln am 18. März später ironisch schilderte, dessen Gedanken und Tätigkeit jedoch aus seinem Briefwechsel mit Lepel und den seit August 1848 (noch während der Anstellung bei Jung) und später von Bethanien aus für dieZeitungshalle" geschriebenen Artikeln hervorgeht. Mit seinem ureigensten Instrument, der Feder, wandte er sich erstmals mit poli­tischem Engagement der Publizistik zu. Doch dann griff wieder einmal das

484