monatelang damit getränkt. Diese Zeiten sind vorüber; unter allen diesen Stürmen hat sich meine Liebe bewährt, ich darf sie als einen geklärten Wein betrachten, der wenn auch nicht feuriger mit den Jahren wie Rheinwein, doch auch nicht schlechter wie Medoc werden wird. — Um einen passenden Übergang für das Folgende zu finden, muß ich meine obigen Mitteilungen durch das Geständnis ergänzen, daß namentlich der Poet in mir oft blutige Tränen über den verlobten Bräutigam vergoß. Auch diese Mißhelligkeiten sind beigelegt; meine Braut, die sonst in meinen dichterischen Gelüsten nur eine verhaßte Nebenbuhlerin sah, hat diese plötzlich von Herzen lieb gewonnen, und und so hoff ich, in Zukunft wie der Graf von Gleichen 12 zu leben, bei welchem Bild ich freilich in Zweifel gerate, ob ich meine Muse oder meine Braut mit der feurigen, schwarzäugigen Orientalin vergleichen soll. Stände meine Braut jetzt hinter mir, und guckte über die Schulter, so wäre eine Maulschelle mein unzweifelhaftes Los.
Nun aber ein weniges von der Poeterei. In meinem Eifer, vielleicht darf ich sagen, in meiner Begeisterung — bin ich der Alte; in dem was ich leiste, hab ich die Leipziger Staffel hoffentlich weit hinter mir. Es fehlt mir möglicherweise jetzt die Unbefangenheit und Natürlichkeit, mit der ich damals Schlechtes und Gutes in friedlicher Gemeinschaft aufs Papier kritzelte, dafür aber hat sich ein gewisses Bewußtsein, eine Kenntnis dessen, worauf es ankommt, eingestellt, die vielleicht keinen besseren Poeten, aber zweifellos bessere Verse schafft. — Du würdest mich in dieser Beziehung sehr verändert finden; ich bin jetzt von meinem Recht durchdrungen, ein Gedicht zu machen; das mag Dir andeuten, daß ich ein anderer geworden bin. Du lächelst vielleicht; Du frägst, worauf sich dieses Selbstvertrauen stützt, und lächelst wieder, wenn ich sage, das fühlt sich. Ich könnte Dir erzählen, daß ich mit dem Cotta'schen „Morgenblatt" auf dem besten Fuße stehe 13 , könnte Dir mitteilen, daß man in mich dringt, meine Sachen zusammenzustellen und rauszugeben — indessen wiederhol ich Dir, es ist nicht diese Anerkennung von außen, sondern die tief innere Überzeugung, daß ich einen Vers schreiben kann, was mein Fiduzit 14 erweckt. Diese Überzeugung läßt mich ruhig und bedachtsam handeln; ich laufe mir nicht nur nicht die Beine ab, um einen Buchhändler zu ergattern, sondern ich danke sogar für diejenigen, die mir unter der Hand angeboten werden. Was gut ist, bleibt gut und das andre mag fallen, wenn es vor der eigenen, gereif- teren Kritik nicht mehr bestehen kann. — Das Lyrische hab ich aufgegeben, ich möchte sagen blutenden Herzens. Ich liebe eigentlich nichts so sehr und innig wie ein schönes Lied und doch ward mir gerade die Gabe für das Lied versagt. Mein Bestes, was ich bis jetzt geschrieben habe, sind Balladen und Charakterzeichnungen historischer Personen; ich habe dadurch eine natürliche Übergangsstufe zum Epos und Drama eingenommen, und diesen Sommer bereits ein episches Gedicht in neun (kleinen) Gesängen geschrieben, das hier auf die Berliner Herzen seines Eindrucks nicht verfehlte und Dir vielleicht mit nächstem im „Morgenblatte" zu Gesicht kommen wird 15 , wenn nicht die größere Ausdehnung des Gedichts seine Aufnahme unmöglich macht. Titel: „Von der schönen Rosamunde." — Mit heiligem Eifer würd ich mich unverzüglich an die Gestaltung eines Dramas machen, das bereits im Geiste in mir lebt 11 ', wenn ich nicht zwischen heut und drei Wochen wieder hinterm Tische stünde 17 , und dem Publikum statt fünffüßiger Jamben Dekokte 81 u. a. m. zu bieten hätte. Es
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