Sie wurde gegessen, so herb sie war.
Ach, mancher verzog den Mund sogar ... " 4
Der damalige Ortspfarrer Karl Boelcke lieh es sich ebenfalls nicht nehmen, einen .Epilog zu Fontanes .Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland'" 0 zu dichten. Eine Nachfahrin des alten Ribbeck, Olga von Ribbeck, besang auch den Verlust des alten Baumes. 11 Und als zwanzig später eine Berliner Zeitung zu einem literarischen Wettbewerb aufrief, konnte sie aus der Fülle der eingesandten Gedichte eine ganze Zeitungsseite mit Versen über den Ribbecker Birnbaum füllen.'
Da sowohl Karl Boelcke als auch Olga von Ribbeck in ihren Versen anführen, dafs ein neuer „Birnbaumspröfjling" an Stelle des alten Baumes wachse, so muh der jetzt hier vorhandene noch verhältnismäßig junge Birnbaum nun schon das dritte Exemplar seiner Gattung sein, das hier die Tradition wahrt. Es wird wohl noch eine Reihe Jahre vergehen, bis er so wird, wie jener alte historische Birnbaum, den Karl Boelcke in seinen 1932 publizierten Erinnerungen „Ribbeck und der Ribbecker Birnbaum" beschreibt: „Es war ein wirklich wunderschöner Anblick, den der alte Baum in seinem schimmernden Blütenschmuck, zusammen mit der Kirche, dem Kirchplatz und dem Schloh bot. Wie das bei Birnbäumen öfter sich zeigt, der Baum war trotz seines hohen Alters nicht sehr stark, aber er ragte hoch hinaus bis zur Laterne des Turmes und bedeckte mit seinen grünen Zweigen die Turmwand."
Birnen, Äpfel und anderes Obst wachsen heute in vielen Gärten Ribbecks, wie im ganzen Havelland. Manch einer geht achtlos daran vorüber, und viele Kinder werden es gar nicht mehr begreifen, daß eine Birne für ein Kind einmal ein besonderes Geschenk sein konnte. Die Jungen und Mädchen im Dorf laufen auch nicht mehr in Pantinen herum, wie es in der alten Ballade geschildert wird. Wenn man heute das Gedicht Kindern vorliest, muh man schon manchmal ein paar erklärende Worte dazu sagen.
In die Schullesebücher soll die Fontanesche Ballade nun wieder aufgenommen werden. Auch der Kinderbuch Verlag nahm sie in seine Sammlung „Der Schatz- behalter. Vom Besten aus der älteren deutschen Kinderliteratur" auf, und in jeder Fontaneschen Werkausgabe oder Gedichtsammlung sind die Verse vom alten Ribbeck zu finden. Sie gehören zum unverlierbaren Schatz unseres nationalen Kulturerbes. Für dieses Gedicht gilt wohl das gleiche, was Heinrich Mann einmal über den Fontaneschen Roman gesagt hat, daß er „das gültige, bleibende Dokument einer Gesellschaft, eines Zeitalters sein kann; daß er soziale Kenntnis gestalten und vermitteln kann . . . noch in einer sehr veränderten Zukunft."
Anmerkungen
1 Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, 10. Band, Berlin und Brandenburg, Stuttgart 1973, S. 340.
2 Berlin 1978.
3 Karl Boelcke, Ribbeck und der Ribbecker Birnbaum, in : Märkische Heimat - Beilage zur Mär- kischen Zeitung, Neuruppin 1932, Nr. 5, 6 und 8.
4 dsgl. ~
5 dsgl.
6 dsgl.
7 Berliner Lokal-Anzeiger, Unterhaltungs-Beilage v. 25. Juli 1931.