Heft 
(1987) 43
Seite
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Bevor man über die Konzeption einer kritischen Gesamtausgabe der Werke Fontanes diskutiert, besteht die Notwendigkeit der Klärung der inneren Kon­gruenz einer solchen Ausgabe. Mugnolo stellt klar, daß die für jeden Roman verschiedene Überlieferungslage für den Aufbau einer Gesamtausgabe ernst­hafte Probleme aufwirft, die schon mit der Auswahl des Editionstextes begin­nen. In vielen Fällen wird es sinnvoll sein, den Text der ersten Buchausgabe - mit eventuell notwendigen Emendationen zu drucken; gelegentlich wird man jedoch auf den Vorabdruck oder das Druckmanuskript zurückgreifen müs­sen, sofern es in akzeptablem Umfang vorhanden ist (vgl. zu diesem Problem Mugnolo, Seite 4). Während sich diese Fragen ohne große Schwierigkeiten lösen lassen, bedürfen Auswahl und Präsentation der Arbeits- bzw. Entwurfsmanu­skripte einer eingehenden Erörterung, die weder in Mugnolos Vorarbeiten noch in diesem Diskussionsbeitrag geleistet werden kann. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man bei der so unterschiedlichen Quellenlage für die einzelnen Romane überhaupt an die Konzeption einer Gesamtausgabe denken kann, die ja sinnvollerweise nach einheitlichen Editionsrichtlinien erarbeitet werden müßte, oder ob es nicht der Überlieferungssituation angemessener wäre, eine Edition der Romane in Einzelausgaben in Angriff zu nehmen. Mugnolo spricht zu Recht von der Notwendigkeit einerflexiblen Methode" (Seite 41); Ein­gedenk des Grundsatzes, daß die Beschaffenheit der Dokumente die Methode ihrer Edition bestimmen soll, scheint mir eine auf die spezifische Quellenlage des einzelnen Romans abgestimmte Editionsform der einzig gangbare Weg zu sein, um zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen.

IV.

Hinsichtlich der pragmatischen Darbietung des Textes und seiner Genese erscheint Mugnolos Modell als durchaus anwendbar und ausbaufähig. Grund-, sätzlich ist die Präsentationsform der handschriftlichen Entwicklungsstufen dem komplizierten Charakter der Dokumente angemessen, aber dennoch leicht nach­vollziehbar. Die typographische Zuordnung des Apparatteils zum Textteil kann jedoch noch verbessert werden. Text und Apparat müßten in einer publikations­fähigen Edition unbedingt auf einer Seite geboten werden, damit der Benutzer die Textgenese auf einen Blick und ohne das zeitraubende Hin- und Herblättern erkennen kann. Eine solche Präsentation hat zudem den Vorteil, daß die letzte Entwicklungsstufe nicht, wie in dem vorliegenden Modell, zweimal abgedruckt werden muß, nämlich einmal im Textteil und einmal als Bestandteil des Appa­rates. Streichungen, Hinzufügungen und andere Eingriffe des Autors können mithilfe textkritischer Symbole in den Text der fortlaufend gedruckten letzten Entwicklungsstufe eingezeichnet werden, wodurch die Lesbarkeit kaum beein­trächtigt wird, der Apparat aber übersichtlicher und vor allem platzsparender gestaltet werden kann. Eine große Platzersparnis brächte darüber hinaus der Verzicht auf erläuternde Wendungen wieKorrektur mit Bleistift",darüber", darunter",aus" oderVon ,nur' an steht der Text auf einem dem Blatt 15 aufgeklebten, mit Tinte beschriebenen Papierstreifen" (Seite 114). Stattdessen ließe sich ein leicht verständliches Zeichensystem entwickeln, das alle Informa­tionen dieser Art enthält und direkt in den Text eingesetzt werden kann. Das beigefügte Apparatbeispiel verdeutlicht anhand der Zeilen 228246 aus Vs 2

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