Heft 
(1987) 43
Seite
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schon in der obigen begrenzten Auswahl die Problematik, die sich für die Rezeption dieser Übersetzung ergibt. Es sei auch nochmals betont, daß es zumeist weniger die gewählte englische Wendung an sich ist, die hier in Frage gestellt wird (die meisten Übersetzungen sind als Einzelausdrücke durchaus plausibel), sondern der Mangel an kontextuellem Übersetzen, also an einer Wahl des Ausdrucks, die Fontanes künstlerische Technik ganz reflektiert. Der ausländische Leser erhält somit zwar einen guten Einblick in den Handlungs­verlauf von Fontanes Roman, doch entgeht ihm Wesentlicheres, nämlich die volle Subtilität, Eleganz und Vielschichtigkeit der Sprache und damit auch die volle Tragweite und Bedeutung des Gesellschafts- und Menschenbildes.

Es liegt zudem auch in der Natur der Sache, dal) andere sprachliche Nuancen unübersetzt bleiben, so z. B. Wortspiele, in denen im Deutschen das Wort Schach" vorkommt:Schach-matt (S. 464), das als "Schach-checkmate" S. 87) übersetzt werden muß, oder Bülows Witzelei über denwie mit Schachtelhalm polierten Schach" (S. 506). Das englische " our sleek Schach, polished as though by a scouring rush" (Unser schnittiger, wie mit Scheuerbinsen polierter Schach, S. 129) muß selbstverständlich hinter dem deutschen Ausdruck zurück­stehen.

Ulf Zimmermann, der Übersetzer von Frau Jenny Treibei, stößt gleichfalls gegen die Grenzen, die jeder Übersetzungsmöglichkeit gesetzt sind, vermag sie jedoch weiter zu verschieben als Välk. So gelingt es ihm, Jennys Lieblings­liedWo sich Herz zum Herzen find't", Schmidts gefühlvolles jugendliches Opus, dem durch seinen leitmotivischen Gebrauch im Roman besondere Be­deutung zukommt sogar mit Erhaltung des Reimes wiederzugeben (vergl. Fontane, Bd. 6, S. 31213; Zimmermann, S. 175). Valk hingegen läfjt das Lied (frei nach Zacharias Werner)Die Blüte, sie schläft so leis und lind" ungereimt und trifft auch die deutsche Bedeutung nicht ganz in den letzten Zeilen (vergl. Fontane, Bd. 3, S. 386-87; Valk, S. 14).

Zimmermann erweitert ebenfalls den Gebrauch von unauffälligen erhellenden Zusätzen, wenn auch leider nicht völlig konsequent. Treibei z. B. liest die Ulk- Beilage des Berliner Tageblatts (Bd. 3, S. 281), was im Englischen treffend als " the humor Supplement, the Ulk" (die Witzbeilage, den Ulk", S. 147) er­scheint. Ähnlich tauchen im englischen TextHerrnhut oder Gnadenfrei", die bei Fontane namentlich genannt werden (S. 351), treffender- und klärender- weise als " Pietist schools" auf (pietistische Schulen", S. 209).

Wenn auch Zimmermann--wie Valk--verständlicherweise keine Möglichkeit findet, Sprache, die deutsche und englische Ausdrücke mischt, wie z. B. die des Grooms von Schach oder die Helenes und Mr. Nelsons, direkt wiederzugeben, so denkt er immerhin daran, dem Leser ausdrücklich zu sagen, was Fontane ihm implizit zeigt. Mr. Nelsons komisches deutsch-englisches Kauderwelsch (vergl. Fontane, S. 298 ff.) erhält somit den treffenden Zusatz: " continuing in his awkward mixture of Englisch and German" (indem er in seiner unge­lenken Mischung aus Englisch und Deutsch fortfuhr", Zimmermann, S. 163), und Helenes affektierter Gebrauch von " pink-coloured scarf" stattroter Schärpe" (S. 353) wird auch dem angelsächsischen Leser klar, da es heißt: " which Helene never called a red sash in German but rather a ' pink-colored scarf' in English " (S. 210; meine Hervorhebung).

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