Heft 
(1987) 43
Seite
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Sehr einfallsreich erweist sich Zimmermann mehrfach bei der Wiedergabe von Wortspielen, die keine wörtliche Übersetzung zulassen. Fontanes humorvolles Spiel mit Homophonen bei der Benennung des Gelehrtenzirkels von Willibald Schmidt, den er diesieben ,Waisen'" tauft (vergl. Fontane, S. 32122), er­scheint als " Seven Foolosophers " (fool = Narr ; Wortspiel zu " philosopher " = Philosoph; S. 185) und behält damit die ironische Doppeldeutigkeit bei, wenn auch etwas weniger fein gezeichnet im Englischen als im Deutschen. 2 Die Fontanesche Sprachtechnik von Vorausdeutung und Rückbezügen kommt bei Zimmermann besser zum Ausdruck als bei Valk, allerdings ebenfalls nicht in ihrem vollem Umfang. Alle Bezüge auf das bei Fontane so wesentliche Wortnatürlich z. B. werden konsequent mit " natural" übersetzt. Leider fehlt es jedoch an Einheitlichkeit bei dem für Jenny Treibei so wichtigen Motiv desHöheren" undhöher Hinaufstrebens", das an sprachlicher und gesellschaftlicher Vielschichtigkeit verliert, wenn es einmal als " Leopold . .. has do to better than that" erscheint (Leopold... muh es besser treffen", S. 241), dann jedoch, drei Zeilen später, als " the higher things in general- that's what counts" (das Höhere im allgemeinen-das zählt"). Bei Fontane hingegen bilden beide Ausdrücke Varianten desselben WortesLeopold ... soll höher hinaus" unddas Höhere-darauf kommt es an (S. 391). Ähnlich uneinheitlich werden Bezüge wiedergegeben auf den Schmidtschen Übermut", sowohl Kontrast als auch Parallele zum TreibelschenHöheren". Willibalds Ton des Superioren Übermuts" (S. 425) wird-fälschlicherweise-" tone of superior haughtiness" genannt (Ton des Superioren Hochmuts", S. 271; meine Hervorhebung). An anderer Stelle erscheinen dann Anspielungen auf Corinnas Übermut" (vergl. Fontane, S. 429 und 447) als " wantonness " (Liederlich­keit", sekundär:Mutwilligkeit", S. 274) und " willfulness" oder "willful 7) ~ (Eigenwilligkeit",eigenwillig", S. 290). Für den englischen Leser ist also das formale und inhaltliche Bezugsnetz zerrissen, bzw. existiert überhaupt nicht mehr.

Wie Valk findet schließlich auch Zimmermann keine Lösung für das schwierige Problem der Wiedergabe von Dialektsprache, Berlinismen oder anderen sprach­lichen Eigenheiten im Deutschen. Die Komik von Tante Marguerites Aus­sprache, die in dieMelonenkürche" geht, wo vorölf oder zwölf" Personen gepredigt wird, entgeht dem englischen Leser von Schach von Wuthenow. Ähnlich ergeht es ihm bei Schmolkes anheimelnd-komischem Berliner Tonfall in Frau Jenny Treibei. Eine ganze weitere gesellschaftliche und sprachliche Komponente von Fontanes Werken wird dem anglischen Leser also kaum zugänglich. Ihm entgeht leicht die erhebliche Spannweite des gesellschaftlichen Gefüges, das bei Fontane dargestellt wird, vom preußischen König und der Aristokratie über Bourgeoisie und Bildungsbürgertum bis zur Kleinbürger­und Arbeiterklasse. Ihm entgeht auch die erstaunliche Vielfalt derInstru­mente", die zusammen dasOrchester" bilden, das den Fontane-Ton schafft, vom ätherisch-lieblichen Ton Mirabelle-Victoires über 1 Corinnas verspielt­rationalen und Jennys sentimental-kalkulierenden Ton zu Schmolkes gut­mütigem Berliner Mutterwitz und Krists freimütig-respektvollem Gebrummel im Märker Platt. Durch das Entfallen jedweden Dialektanklanges sowie von­leicht verändert zitierten- Sprichwörtern (z. B.Ein gut Gewissen ist ein gutes Ruhekissen", Fontane, Bd. 6, S. 412) und somit jedesVolkstons" fehlt vor

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