Ursula Kowalewski (Berlin)
Von wiedergefundenen Bildern der Familie von Rohr
In Band I der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg" (Trieplatz. Ein Kapitel von den Rohrs) schreibt Theodor Fontäne von einem Bild, welches der Familiensage nach die Herkunft der Rohrs darstelle. Dieses Bild befindet sich jetzt, nach sorgfältiger Restaurierung, im Heimatmuseum Pritzwalk. Die Inschrift des sehr alten Bildes lautet;
„Der hochwohlgeborene Herr Kraft Babo von Rohr und Freiherr von Abensberg ist mit seinen 33 Söhnen lind 66 Pferden in Regensburg auf dem Reichstag 1014 eingeritten, übergibt solches des Kayser Heinriko, welches der Kayser in grofjen Gnaden annimmt, beut jedem die Hand, küsset sie und heifjet sie seine lieben Söhne, nunher sie an seines Kaysers Hof unterhält und versieht mit Kayserlichen Lehen Und Büttner und sein von diesem Herkommen die Grafen und Freiherrren von Rohr."
Auch Ludwig Uhland greift in seinem Schauspiel „Ernst Herzog von Schwaben" (2. Szene) diese Überlieferung auf.
Im Kapitel „Urania von Poincy" beschreibt Theodor Fontane das Porträt der Titelfigur. „Der weifie Teint, das schwarze Haar, die leuchtenden Augen — sie geben das typische Bild der schönen Kreolin."
Wie so oft, so hat Theodor Fontane Erlebnisse und Erzählungen seiner vertrauten Freundin, der Mathilde von Rohr, verarbeitet, war diese doch die Schwägerin der schönen Urania, da ihr jüngster Bruder Moritz Babo diese 1838 geheiratet hatte.
In der Nationalgalerie Berlin befindet sich das Bild einer Frau von Rohr (1,70 m X 1,15 m, Öl auf Leinwand), das der Schilderung Theodor Fontanes entspricht, aber nicht identisch ist mit dem oben geschilderten. Es wurde 1883 von Josef Scheurenberg gemalt, während Fontane Trieplatz bereits 1873 besuchte und die Geschichte aufschrieb. Man darf wohl annehmen, dafi es sich um eine Auftragsarbeit aus dem Hause von Rohr handelt. Der Maler Josef Scheurenberg (1846—1914) kam über Düsseldorf und Kassel nach Berlin, wo er seit 1893 Professor an der Berliner Kunstakademie war. Wandgemälde von ihm befinden sich im Berliner Rathaus, im Justizgebäude von Kassel, Bilder im Wallraf- Richartz-Museum in Köln und in der Berliner Nationalgalerie. Die Nationalgalerie hat des genannte Gemälde 1954 im Rahmen eines Freundschaftsgeschenkes des polnischen Volkes an das deutsche Volk, in dem mehrere Gemälde aus den Gebieten jenseits der Oder-Neifie-Grenze übergeben wurden, erhalten. Zu diesem Geschenk gehörte auch ein Katalog, in dem aber das Bild der Frau von Rohr nicht erwähnt wird, so daß sein Herkunftsort unbekannt ist. In vorhandenen Katalogen des Breslauer Museums (unvollständig) konnte
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