7g. Band, vierzigster Jahrgang. Oktober M7—Ms.
Preis vierteljährlich 5 M. so. Mit postaust'chlag 3 M. 78.
! - Das Thuner Kadettencorps. - Schach. - Rätsel. — Notiz- ^ blätter. — Litteratur. --Briefmappe.
Prachtwerk von Cath. Steinkamp, mit Bildern vor? Eduard ! Kaernpffer. Auf^sehe^ eines Marmorbruchs bei Carrara.
Stechvin.
Roman von Theodor Nontane.
XVIII.
unter dem Gezweig der alten Linden, standen mehrere Kaleschwagen, aber der des Superintendenten fehlte noch, weil Koseleger eine viel längere Sitzung erwartet und darauf hin seinen Wagen erst zu zehn Uhr bestellt hatte. Bis dahin war noch eine hübsche Zeit; der Superintendent indessen schien nicht unzufrieden darüber, und seines Amtsbruders Arm nehmend, sagte er: „Lieber Lorenzen, ich muß mich, wie Sie sehen, bei Ihnen zu Gaste laden. Als Unverheirateter werden Sie, so hoffe ich, über die Störung leicht hinkommen. Die Ehe bedeutet in der Regel Segen, aber die Nichtehe hat auch ihre Segnungen. Unsre guten Frauen entschlagen sich dieser Einsicht, und dieser unbedingte Glauben an sich und ihre Wichtigkeit hat oft was Rührendes."
Lorenzen, der sich — bei völliger Würdigung der Gaben seines ihm Vorgesetzten und zugleich gern einen spöttischen Ton anschlagenden Amtsbruders — im allgemeinen nicht viel aus ihm machte, war diesmal doch mit allem einverstanden und nickte, während sie, schräg über den Platz fort, auf die Pfarre zuschritten.
„Ja, diese Einbildungen," fuhr Koseleger fort, zu dessen Lieblingsgesprächen dies Thema gehörte. „Gewiß ist es richtig, daß wir samt und sonders von Einbildungen leben, aber für die Frauen ist es das tägliche Brot. Sie maltraitieren ihren Mann und sprechen dabei von Liebe, sie werden maltraitiert und sprechen erst recht von Liebe; sie sehen alles so, wie sie's sehen wollen, und vor allem haben sie ein Talent, sich mit Tugenden auszurüsten (erlassen Sie mir, diese Tugendeil aufznzählen), die sie durchaus nicht besitzen. Unter diesen meist nur in der Vorstellung existierenden Tugenden befindet sich auch die der Gastlichkeit, wenigstens Hierlandes. Und nun gar unsre Psarrmütter! Eine jede hält sich für die heilige Elisabeth mit den bekannten Broten im Korb. Haben Sie übrigens das Bild auf der Wartburg gesehen? Unter allen Schwindschen Sachen steht es mir so ziemlich obenan. Und in Wahrheit, um ans unsre Psarrmütter zurückzukommen, liegt es doch so, daß ich mich bei pastorlichen Junggesellen immer am besten aufgehoben gefühlt habe."
Lorenzen lachte. „Wenn Sie nur heute nicht widerlegt werden, Herr Superintendent."
Gcruferie.
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l898 «Bd 79).
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