Bismarck gezwungen hatte, einer drohenden Revolution von unten durch die von oben, den Krieg von 1866 und die Gründung des Norddeutschen Bundes, zuvorzukömmen, wurde bald deutlich, daß nicht nur die seit 1867 in von der Fortschrittspartei abgeskaltene Nationalliberale Partei, sondern auch die Masse der Führer der Restpartei in dem nunmehr einsetzenden Ringen um den Ausbau des werdenden Nationalstaats primär an der Sicherung ihrer ökonomischen Interessen, kaum aber an der verfassungsmäßigen Begründung der demokratischen Rechte und Freiheiten gegen die überkommenen feudalbürokratischen und militaristischen Strukturen des preußischen Staates interessiert waren. In dieser Situation gründeten die Demokraten um Jacoby und Weiß Anfang 1867 die Zeitung „Die Zukunft", zunächst noch zur Unterstützung der Linken innerhalb der Fortschrittspartei, seit 1868 immer entschiedener-zur Vorbereitung einer eigenen demokratischen Organisation, wie sie 1868 zunächst für Süddeutschland mit der „Deutschen Volkspartei" gegründet wurde. Weiß wurde ihr Chefredakteur, Stephany folgte ihm in die Redaktion, und 1869 fand hier auch Franz Mehring seine erste journalistische Stellung — noch als Student, charakteristisch für die Aufnahme der Zeitung, die als „das Blatt der gebildeten, politisch empfindenden Jugend galt". 111
Im „Vorbereitenden Komitee zur Einigung der Volkspartei in Nord- und Süddeutschland", auf zahlreichen Volksversammlungen und in einer Redaktionsgruppe zur Vorbereitung eines Parteiprogramms arbeiteten Weiß, der 1869/70 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses für den Wahlkreis Frankfurt/Main war, und Stephany gemeinsam mit: als dieses Programm im Sommer 1870 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde, fand es allerdings angesichts des Kriegsausbruchs, der Siege über Frankreich und der anschließenden nationalistischen Euphorie kaum mehr größere Beachtung. Die Orientierung großer Teile nunmehr auch des Kleinbürgertums und der Intelligenz auf die scheinbar unmittelbar bevorstehenden glanzvollen Zeiten des neuen Deutschen Reiches ließen den Plan einer demokratischen Partei scheitern und brachten auch die „Zukunft" bald in eine schwere Krise. „Von der .Zukunft' weiß ich Ihnen nicht mehr zu sagen, als daß sie eben noch erscheint — von Tag zu Tag", schrieb Weiß schon im August 1870 an Jacoby, „an ihre Zukunft glaube ich nicht mehr. Über den Krieg hinaus halte ich sie wohl noch, dann mag sie unter Protesten, Konfiskationen usw. zu Grabe gehen .. . Der Begriff unserer Partei ist so rein geworden, daß er nahe daran ist, aller Körperlichkeit zu entsagen." 11 Der klare Protest der Demokraten gegen die Annexion von Elsaß und Lothringen, der Jacoby im September 1870 auf die Festung Lötzen brachte, beschleunigte noch diese Entwicklungam 31. 3. stellte die „Zukunft" ihr Erscheinen ein; Weiß' engster Mitarbeiter Stephany hatte die Zeitung schon zuvor verlassen, was diesen umso mehr treffen mußte, als er 1869 seinen einzigen Sohn durch Selbstmord verloren hatte. Anläßlich der Aufgabe der Zeitung schrieb er am 28. 3. 1871 an Jacoby: „Dazu kommt, was sich freilich nicht drucken ließ, daß ich die Vereinsamung nicht länger ertragen kann. Stephany ist schon seit vorigen August zur .Vossischen Zeitung' übergegangen, auf Rat und Betreiben von mir, denn er geriet bei dem Gehalt, das ihm die .Zukunft' nur geben konnte, in Schulden und hat Weib und Kind." 12 Im Frühjahr 1871 beteiligte sich Weiß am Versuch seiner Berliner Freunde, mit Hilfe eines „Demokratischen Vereins" die Wahl Johann Jacobys in den
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