Fällen mitreden, wenn er auch erst seit Ende der siebziger Jahre den Markt für belletristische Prosa beschickte und die Anstellung bei der Vossischen Zeitung erst ganz zum Schluß aufgab.
Den armen Poeten hatte er bis in die Revolutionsjahre 1848/49 hinein ausgekostet wie nur einer. Dann löste er für seine Person den Widerspruch, der, wie schon gesagt, dem Treiben des „Tunnel" innewohnte und ihn sicherlich am schärfsten in Mitleidenschaft zog, um unter mehrmaligem empfindlichen Straucheln den Sprung in die Presse, den Staatsdienst und ins Buchgeschäft zu machen. Auch das ging mit tiefgreifenden Legitimierungskonflikten und -krisen einher, denen ähnlich wie nachher beim Anschluß an die Kreuzzeitung das Muster zugrunde lag, daß zwischen den praktischen Schritten zur schriftstellerischen Existenzsicherung und den jeweils geltenden Vorstellungen von dem, was ein Autor zu sein, zu tun und zu lassen habe, nicht überbrückbare Diskrepanzefi entstanden. Daß Fontane solche Vorstellungen teilte und überwinden mußte, erleicherte ihm seine Schritte nicht. Manches davon blieb ihm als ein Stachel, an dem er sich lebenslang abmühte, im Fleisch sitzen; es ging also frühzeitig und wahrscheinlich strukturbildend in den Grundbestand relativ stabiler Einstellungen und Denkmotive ein, von dem die Rede war. Ohne dieses Vorfeld ist seine Entwicklung zum vaterländischen Schriftsteller, zu dessen Etablierungskonzept der Rückgriff auf feudalstaatliches Mäzenatentum gehörte, nicht recht verständlich.
Dem jungen Mann, dem „baldmöglichster Eintritt in das literarische Leben (.. .) als wünschenswertes Ziel" /|8 erschien, standen zu seiner Orientierung zwei konträre Vorstellungen vom Autor zur Verfügung, die sich in der Gestellt des Poeten und des Literaten verkörperten. War für den Poeten die Abhebung seiner Textproduktion vom Broterwerb kennzeichnend, so für den Literaten im Gegenteil ihre Unterordnung unter den Verwertungszweck. Fontanes Scherenberg war ganz Poet und blieb es, auch als sich mit den buchhändlerischen Erfolgen die Honorare einstellten, weil sie in diesem Verständnis die Eigenschaft des erfreulichen Nebeneffektes annehmen. Beim jungen Fontane lag der Poet, der ihm vor allem durch den „Tunnel" nahegebracht wurde, mit dem Literaten in einem wechselvollen Streit. Daß darin der Literat die Oberhand behielt, wurde für seine Zukunft ausschlaggebend. Kaum weniger Bedeutung erlangte der Umstand, daß dieser Sieg, in dem sich die literarischen Produktionsverhältnisse durchsetzten, kein ungeteilter war; das kann hier nur angemerkt werden. Man ist gewohnt und geneigt, in dem Doppelleben, das der junge Fontane als subalterner Apotheker und als im engen Kreise erfolgreicher Autor führte, hauptsächlich das persönliche Verhängnis zu erblicken und in dem Hin und Her, als das sich seine Ausbruchsversuche aus dieser Zwangslage darstellen, jugendliche Unreife und Unberatenheit. Von diesem Eindruck des Singulären und Exzeptionellen verliert sich das meiste, wenn es vor den Hintergrund der gewöhnlichen schriftstellerischen Existenzbedingungen gestellt wird. Seine schwierige, bisweilen kaum erträgliche Situation läßt sich verhältnismäßig einfach darauf zurückführen, daß ihm die Voraussetzungen, von denen man mindestens eine brauchte, um sich als Schriftsteller zu etablieren, alle zwei fehlten. Er besaß weder finanzielle Mittel noch akademische, ja nicht einmal gymnasiale Bildung. Seine Statusansprüche vorausgesetzt, waren ihm die traditionellen „Schriftstellerberufe'"'* 9 im Staats- oder
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