tion der Romane in Einzelausgaben in Angriff zu nehmen". Hettche fürchtet, nicht ganz zu Unrecht bei der Anwendung flexibler und variabler Editionsmethoden um die „innere Kongruenz" der Ausgabe, und er zweifelt an der Möglichkeit, die Konzeption für eine Gesamtausgabe zu entwerfen, wenn diese nicht „nach einheitlichen Richtlinien erarbeitet werden'"'kann. Dem wäre entgegenzuhalten, daß jeder erfahrene Editor bei der Konzeption einer Ausgabe sowohl autor- wie gattungs- und dichtungsspezifische Kriterien 17 berücksichtigt und daß der Apparattyp sich jeweils nach der Dichte der überlieferten Textzeugen bestimmt. „Einer Übertragbarkeit der Apparatform widersetzt sich zumindest die Tatsache, dafj Umfang und Art der zu vermittelnden Informationen von Ausgabe zu Ausgabe wechseln ." 18 Mitunter ist dies aber auch innerhalb einer Ausgabe von Werk zu Werk erforderlich oder wenigstens zweckmäßig. Gerhard Seidel, von dem der zitierte Satz stammt, hat seine ursprüngliche Vorstellung aufgegeben, in einer von ihm konzipierten, bis heute leider noch nicht einmal in Ansätzen realisierten historisch-kritischen Brecht- Ausgabe „die Textentwicklung aller Werke durchgängig mit synoptischen Mitteln darzustellen"; statt dessen plädiert er für „ein Ensemble editorischer Darstellungsverfahren": „Wo immer es durch hohe Variantendichte zu recht- fertigen ist, soll auch künftig die Textentwicklung ganzer Werke oder Werkpartien mit den Mitteln der Zeilen-, Zeilengruppen- bzw. Werkparallelisierung wiedergegeben werden. Dort aber, wo der Einsatz textsynoptischer Verfahren als nicht lohnenswert erscheint, werden die Veränderungen in einem nichtlem- matisierten positiven Werkstellenapparat mit Bezug auf den edierten Text verkürzt verzeichnet . 19 Wenn ein solches „abgestuftes" Verfahren 20 dem Werk Bertolt Brechts angemessen erscheint, warum sollte es nicht auch für Fontanes Romane und Erzählungen praktikabel sein? Ich sehe keinen prinzipiellen Hinderungsgrund, variable und flexible Editionstechniken anzuwenden bei Wahrung bestimmter einheitlicher Editionsprinzipien. Freilich müßte das alles noch genauer durchdacht und vor allem am konkreten Material erprobt werden.
Im Unterschied zu Mugnolos Praxis fordert Hettche, „in einer publikationsfähigen Edition müßten Text und Apparat unbedingt auf einer Seite geboten werden". Offenbar ist hier an einen sogenannten Fußnotenapparat gedacht; doch auch die Verteilung von Text und Apparat auf die jeweils linke und rechte Buchseite wäre zwar ein Ziel, aufs innigste zu wünschen, jedoch angesichts der überlieferten Textzeugen der verschiedenen Fassungen mjt ihren zahlreichen Korrekturen ein, wie mir scheint, ganz und gar utopisches. Da sich ein synoptischer Apparat wegen weitgehender Nichtfeststeilbarkeit der Variantenchronologie nicht verwirklichen läßt 21 , bietet sich die Parallelisierung zweier handschriftlicher Überlieferungsträger an, wobei die innerhandschriftlichen Varianten vielleicht als Fußnoten verzeichnet werden könnten. Sofern für Teile eines Werkes mehr als zwei handschriftliche Textzeugen überliefert sind, müßte das Verfahren allerdings wiederholt werden, so daß mindestens .eine Fassung doppelt zu drucken und die Textgenese nicht fortlaufend darstellbar wäre. Die einfache, selbst die doppelte Parallelisierung — für die Verzeichnung weiterer Zeugen, soweit sie vereinzelt vorhanden sind, müßten wohl andere Methoden gefunden werden — hätte immerhin den Vorteil der wesentlich größeren Übersichtlichkeit - ein Moment, das kein Editor vernachlässigen sollte; denn nur eine „ungewöhnliche Imaginationskraft" - auch des geübten
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