Heft 
(1987) 44
Seite
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geber derDeutschen Rundschau", stammten oder von Paul Lindenberg, der von 1882 bis 1894 ihr Redakteur war wenn sie nicht gar in der Pierer'schen Hofbuchdruckerei in Altenburg entstanden sind, wo damals die Zeitschrift her­gestellt wurde.

Weit weniger Veränderungen des Textes ergibt der Vergleich des Vorabdrucks mit der Buchausgabe am Beispiel derselben drei Kapitel des Romans. Lediglich an zweiundzwanzig Stellen treten Varianten oder Differenzen auf; mehr als die Hälfte der Veränderungen, nämlich dreizehn, wurden höchstwahrscheinlich vom Autor bei der Durchsicht der Satzvorlage für die Buchausgabe vorgenom­men, der Rest, Differenzen orthographischer Art darunter drei deutlich als Druckfehler erkennbare Abweichungen, dürften zu Lasten der Setzer gehen. Auffällig ist, daß innerhalb der untersuchten Werkteile vom Vorabdruck zur Buchausgabe keinerlei neue Varianten Vorkommen, die elidierte oder nicht elidierte Wortformen betreffen.

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Die Oberflächenveränderungen, welche die beiden hier untersuchten Fontane- Werke ohne die vom Autor verursachten Korrekturen im Zuge ihrer technischen Produktion und Reproduktion erfahren haben, sind durchaus nichts Exzeptionelles. Besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als in Deutschland infolge der Kontroversen zwischen den Anhängernpho­netischer" undhistorischer" Orthographieprinzipien Johann Christoph Ade­lungs Versuch, einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung Geltung zu ver­schaffen, gescheitert und Konrad Dudens (strengeres) Regelwerk noch nicht vorhanden oder nicht verbindlich war, in einer Zeit, da weit mehr belle­tristische Literatur als zuvor auf den Markt kam, nicht zuletzt in Zeitschriften mit ganz unterschiedlichen ästhetischen Ansprüchen, gingen nicht wenige Redaktionen, Verlage und Druckereien dazu über, eine eigene Hausortho­graphie zu entwickeln, die sie nicht selten gegenüber den Autoren rigoros durchsetzten. Als Theodor Storm (wieder) einmal Veränderungen rückgängig zu machen versuchte, die ein Setzer vonWestermanns Monatsheften" in einer seiner Novellen vorgenommen hatte, schickte dieser dem Autor den Korrektur­abzug mit der Bemerkung zurück:So ist unsre Orthographie!", und selbst die Beschwerde, welche der Dichter darauf an George Westermann richtete, fruchtete, wenigstens für den Vorabdruck seiner Werke, nichts/* 6 Mitunter soll den Autoren ein Druckkostenzuschlag in Rechnung gestellt worden sein, wenn sie auf unveränderter Wiedergabe des Manuskripts bestanden/* 7 Es ist also durchaus nicht verwunderlich, dal) Schriftsteller im allgemeinen nur protestier­ten, wenn ihr Text grob beschädigt, der Sprachstil empfindlich verletzt worden war, und daß sie sich gegenübergewöhnlichen" Angleichungen, Normierun­gen, Überfremdungen resigniert und schließlich gleichgültig verhielten. Was am Beispiel Fontanescher Erzählprosa dargestellt wurde, hätte ebensogut anhand Stormscher Novellen exemplifiziert werden können 48 , und in den Werken Wilhelm Raabes dürfte die Zahl derSetzervarianten" sogar noch weit größer sein 49 . Sowohl die Praxis der Setzer als auch das Verhalten der Autoren lassen sich übrigens nicht nur im deutschen Sprachbereich beobachten.

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