UNVERÖFFENTLICHTES / WENIG BEKANNTES
Roland Berbig, Berlin (Hrsg.)
Franz Kugler und Theodor Fontane
I. Briefe Kuglers an Fontane aus den Jahren 1850 bis 1858
Vorbemerkung
Die vor drei Jahren an gleicher Stelle publizierten Briefe des Berliner Kunsthistorikers Franz Kugler 1 ordneten sich dort in ihrer zeitlichen Begrenzung (1853 und 1854) einem Zweck unter, der ihre Auswahl bestimmte. Ihre Edition stand mit der Arbeitskonferenz zu Fontane im Juni 1986 in Verbindung, auf der der Herausgeber die Geschichte des Vereins Rütli und des ersten Bandes der „Argo" beschreibend erläuterte. 2
Die hier nun abgedruckten Briefe belegen, was sich bereits damals abzeichnete: der Einfluß des Rütli und innerhalb dieser Vereinigung der beiden auch konzeptionell orientierten Mitglieder Franz Kugler und Wilhelm von Merckel kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Während die Eigentümlichkeit der Beziehung zwischen Fontane und Merckel durch die soeben erschienene Publikation ihres Briefwechsels 3 deutlicher wird, leidet die genaue Darstellung des Kontaktes zu Kugler unter der Einseitigkeit der Überlieferung. Fontanes Briefe in die Friedrichstraße 242 und später in die Schellingstraße müssen als verloren gelten. Der Kuglersche Nachlaß, verteilt auf die Archive in Merseburg, Marbach, Berlin (West) und München, gibt über den Verbleib keine Auskunft.
Die Zeitspanne, in der die vorliegenden Briefe geschrieben wurden, umfaßt acht Jahre; die Jahreszahlen 1850 und 1858 signalisieren hervorzuhebende Ereignisse. 1850 zog in die preußische politische Landschaft eine gewisse Ruhe ein. Friedrich Wilhelm IV. akzeptierte die revidierte Verfassung vom 5. 12. 1848, Schleswig- Holstein wurde den Dänen geopfert und im September fand unter österreichischer Vorherrschaft die Wiedereröffnung des Bundestages statt. Mit der Olmützer Punktation und der Übernahme des preußischen Ministeriums durch Otto Theodor Freiherr von Manteuffel legte man die Märztage politisch endgültig ad acta. Die Ära Manteuffel sollte dann dauern bis in das Jahr 1858, wo Wilhelm von Preußen als Prinzregent die Amtsgeschäfte in die Hand nahm und mit dem Schlagwort von der „Neuen Ära" alte Hoffnungen wieder geweckt wurden. Für Kugler hieß die Zeit weniger Ära Manteuffel als vielmehr Ära Raumer, denn er erlebte die Vorgänge im Kultusministerium unter dem besonders reformunwilligen und reaktionären Karl Otto von Raumer, mit dem er anfangs manchen Strauß ausfocht. An der Engstirnigkeit des Ministers scheiterten Reformpläne Kuglers, dessen Wirkungsradius begrenzt blieb. Daran änderte der 1857 verliehene Titel eines Geheimen Oberregierungsrates nicht viel.
Obwohl er bereits in jungen Jahren poetischen Ruhm erlangt hatte, folgte er einer Berufung ins Ministerium Anfang der vierziger Jahre, die der weiteren Ausbildung seiner literarischen Talente wenig förderlich war. Ein Jahrzehnt später.
* Dieser Beitrag wird in Heft 48 fortgesetzt.
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