Heft 
(1989) 47
Seite
94
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forschung insgesamt so verdienten Germanisten betreut, der in der Ullstein Taschenbuchausgabe von Fontanes Werken, im wesentlichen einem Nachdruck von H, den Apparat der Reprints vonDer schleswig-holsteinsche Krieg (1981)" und Der deutsche Krieg (1984)" so sorgfältig betreut hat. Nürnberger bietet hier eine Auswahl aus Fontanes Kriegsbüchern und folgt damit Charlotte Jolles' Praxis in Band XIX von N, ja, obwohl seine Selektion gut 100 Seiten umfang­reicher ausfällt (390 vs. 280 S.), sind nach der erheblichen Zahl übereinstimmen­der Textpartien die Vorstellungen beider Herausgeber, welches die charakte­ristischsten, aussagekräftigsten und eindrucksvollsten Teile dieser Werke darstellen, erstaunlich ähnlich. Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings darin, daß Nürnberger den Textanteil des dritten und bei weitem umfangreichsten Kriegsbuches radikal reduziert (60 von knapp 2000 S.), um Platz zu gewinnen für eine 200 Seiten lange Auswahl ausDer deutsche Krieg", deren piece de resistance die gesamte Schlacht von Königgrätz bildet, die einen ausgezeichneten Eindruck von Fontanes Technik der Schlachtbeschreibung vermittelt.

Es lassen sich für und gegen jede Textauswahl gute Argumente Vorbringen, und dafür, daß beide Herausgeber auf beschränktem Raum Überzeugendes bieten, bürgt ihre große Fontanekompetenz. Die entscheidende Frage ist, ob in einer großen Werkausgabe eine so radikale Reduktion auf maximal 10 Prozent des Textes der Kriegsbücher vertretbar ist. Hier ist nun N besser daran, denn man ließ dem 1969 edierten BandPolitik und Geschichte" 1971 die Reprints aller drei Kriegsbücher folgen. Nürnbergers Auswahl muß für sich bestehen, und das bleibt trotz der kenntnisreichen, wenn auch etwas zu sehr auf den dänischen Krieg ausgerichteten Einführung und den detaillierten Anmerkungen problema­tisch. Nicht nur kommen wir nicht darum herum, daß in den Kriegsbüchern Fontanes schriftstellerische Leistung eines ganzen Jahrzehnts besteht und sie deshalb nicht beliebig vergessen oder gekürzt werden dürfen, sondern Fontanes Mühe und künstlerische Intentionen gerade mit diesen widerspenstigen Stoffen werden in jeder so rigorosen Auswahl notwendig verdunkelt. Von Fontanes feuilletonistischer Technik bekommt man den besten Eindruck, wenn man die ersten 150 Seiten vonDer Krieg gegen Frankreich" im Zusammenhang liest. Die gestalterischen Schwierigkeiten, die die Kriegsbücher dem Autor bereiteten, sind an den Auszügen nicht zu ermessen, das zentrale technische Medium, das Feuilletonistische, nur noch bedingt erkennbar. Da der Rezensent sich jüngst in denBeiträgen zur Fontane-Konferenz vom 17. bis 20. Juni 1986" zu den Kriegs­büchern insgesamt geäußert hat, braucht auf diese Problematik hier nicht weiter eingegangen zu werden.

Nürnberger verzichtet ganz auf die historisch-biographischen Aufsätze Fontanes und die Rezensionen preußisch-historischer Werke (N XIX, S. 563806), druckt aber dieReisebriefe vom Kriegsschauplatz Böhmen 1866" ungekürzt ab. Sie sind in N XIX noch nicht enthalten, weil sie nach der Wiederentdeckung durch Christian Andree erst 1974 erschienen und daher nur in den Anhang von XXIV (S. 10711125) aufgenommen werden konnten. Da auch sie einen Beitrag zum österreichischen Krieg darstellen, verstärken sie das Übergewicht dieses Stoffes gegenüber dem französischen Krieg in Nürnbergers Auswahl noch weiter.

Aber wie immer man auch zur Textauswahl des hier besprochenen Bandes stehen mag, sein 300 Seiten langer Kommentarteil verdient höchstes Lob und vorbehalt­lose Anerkennung. Nur wer selbst mit Anmerkungen zu Fontanes Werken beschäftigt gewesen ist, weiß, welche unendliche Arbeit in den unscheinbaren, meist klein gedruckten Informationen steckt. H hat immer stärker als N die