und wenn sie überhaupt einen Wunsch offenlassen, dann diesen: welcher der Briefe hier erstmals bzw. erstmals verläßlich nach der Handschrift publiziert wird, geht leider nicht daraus hervor.
Abschließend sei festgehalten, daß dieser wichtige Briefwechsel, der zwar keine grundsätzlich neuen Einsichten eröffnet, aber das Wissen um Fontane besonders in den 50er Jahren in schöner Weise ergänzt und vertieft, außerdem ein sehr dichtes kulturpolitisches Bild jener Zeit gibt.
Wenn von den vier direkt am Briefwechsel beteiligten Personen Emilie Fontane durch ihre geringere Beteiligung etwas blaß bleibt, so ist zu hoffen, daß sich dieser Eindruck durch weitere Ausgaben bisher unveröffentlichter Briefe überprüfen und korrigieren läßt.
Hohendahl, Peter Uwe: Literarische Kultur im Zeitalter des Liberalismus 1830—1870. — München: Verlag C. H. Beck 1985. 480 S.
(Rez.: Peter Görlich, Potsdam)
Der umfangreichen und materialintensiven Untersuchung Hohendahls liegt eine Intention zugrunde, die auf der Basis einer „veränderten Konzeption von Literaturgeschichte (. . .) nicht mehr die einzelnen Werke und ihre Autoren, sondern die Strukturen des literarischen Lebens" (S. 9) in den Vordergrund stellt. Daraus folgert, daß sich der Verf. „weder mit individuellen literarischen Texten (Interpretation oder Formanalyse) noch mit der Wirkung oder Rezeption literarischer Werke (Konkretisation)" (S. 11) beschäftigt. Nun stellt Hohendahl nicht den Gegenstand traditioneller Literaturwissenschaft — so seine Diktion — grundsätzlich in Frage oder will seine Untersuchungsergebnisse in eine konfrontative Stellung rücken, sondern vielmehr wird die Notwendigkeit der Herauslösung interdisziplinärer Forschung zum übergreifenden Themenkomplex „literarische Kultur" aus der herkömmlichen Dichotomie „literarisch-außerliterarisch" unterstrichen. Daß dabei die methodologischen Implikationen der Literaturwissenschaft einer kritischen Wertung unterzogen werden, ist in diesem Kontext nicht ungewöhnlich. So erklärt sich dann auch der große Stellenwert, den die Auseinandersetzung mit älteren und jüngeren literaturwissenschaftlichen Theorien (Hermeneutik, Rezeptionsästhetik, Reader-Response Theorie, Kritische Theorie) einnimmt. Vor dem Hintergrund einer ausführlichen Polemik mit diesen Theorien erhebt Hohendahl die Forderung, „vor allem die traditionelle Definition von Literatur zu überprüfen" (S. 12), sie als offenes Problem zu begreifen (ebd.) und als Folgerung daraus die Untersuchungsfelder neu zu strukturieren. Zum letzteren leistet Hohendahl einen beachtlichen Beitrag, die Bemerkungen zum Literaturbegriff bleiben jedoch weitgehend mahnende Rhetorik. Der forcierte Ausschluß des literarischen Textes aus dem Untersuchungsspektrum bei gleichzeitiger Kritik
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