Heft 
(1989) 48
Seite
75
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Karl Büchsei wurde am 2. Mai 1803 im uckermärkischen Schönfeld bei Prenzlau geboren. Sein Vater war Pfarrer in Schönfeld. Die Familie Büchsel (Bichsel) stammte ursprünglich aus dem schweizerischen Konton Bern. Die Vorfahren waren Emmenthaler Bauern. Karl Büchsel besuchte das Gymnasium in Prenzlau und studierte Mathematik und Theologie in Berlin; ln Berlin übten August Neander, Friedrich Schleiermacher und Ernst Wilhelm Hengstenberg den stärksten Einfluß auf ihn aus. Büchsel wurde Hilfsgeistlicher in Schönwerder, im Jahre 1828 Pfarrer in Schönfeld, und im Jahre 1841 erfolgte die Berufung zum Pfarrer und Super­intendenten in Brussow (Uckermark). Büchsel wurde 1846 an die neuerbaute Matthäikirche berufen und war während der Jahre 1853 bis 1884 auch als General­superintendent der Neumark und der Niederlausitz tätig. Zu diesen Aufgaben kamen noch die Oberleitung des Elisabethkrankenhauses und der sogenannten Großnerschen Missionsgesellschaft hinzu. Im Jahre 1884 ließ sich Büchsel emeri­tieren. Er starb am 14. August 1889 in Berlin.

Der Schwerpunkt von Büchsels Arbeit im Dienste der Kirche lag eindeutig bei der Ausübung seiner Amtstätigkeit als Gemeindepfarrer und später als Superintendent, dem unter anderem die Visitation der Gemeindepfarrer oblag. Auch die Schriften, die Büchsel publizierte, gingen aus dieser Amtstätigkeit hervor und dienten der Erbauung des Lesers. Er veröffentlichte, wie viele seiner Amtsbrüder (Stoecker etwa!), Predigten über wichtige Bibelstellen, Gedächtnispredigten und sogenannte Gaben zu den Feiern des Kirchenjahres wie zum Beispiel Weihnachten und Pfingsten. Büchsels Schriften waren zum häuslichen oder amtlichen Gebrauch bestimmt. Daß er ein sehr bewußter Zeitgenosse war, geht aus seinen Schriften Ordnung der Lieder für Betstunden während der Kriegszeit (Berlin 1866,, 2 1870) und Über die kirchlichen Zustände in Berlin nach Beendigung der Befreiungskriege (Berlin 1870) hervor.

In weiten Kreisen bekannt wurde Karl Büchsel durch seine Erinnerungen aus dem Leben eines Landgeistlichen. Ursprünglich erschienen die Erinnerungen in zwang­loser Folge als Aufsätze in der Evangelisdien Kirchenzeitung (Berlin), die von E. W. Hengstenberg herausgegeben wurde. Von 1861 bis 1869 erschienen sie dann in Buchform. Die Einteilung in drei Bände hat sich offensichtlich dabei ergeben. Band vier schrieb Büchsel erst später. Er wurde 1886 zum ersten Mal gedruckt. In der Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Leip­zig 3 1897, Bd. 3, S. 525 wird noch ein fünfter Band genannt: Aus dem Nachlaß (1897). Dieser fünfte Band war mir leider nicht zugänglich.

Als Gradmesser der Wirkung von Büchsels Erinnerungen möchte ich die Tatsache erwähnen, daß 1925 die zehnte Auflage der Bände eins, zwei und drei erschien, während Band vier, Erinnerungen aus meinem Berliner Amtsleben im Jahre 1925 die neunte Auflage verzeichnen konnte. Spätere Ausgaben brachten Auszüge oder Bearbeitungen der Erinnerungen. 6 Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Erin­nerungen im Jahre 1863 bereits in London unter dem Titel My ministerial experiences in englischer Übersetzung erschienen. Vielleicht ist der Schluß erlaubt, daß die englischen Leser einiges aus ihrer eigenen kirchlichen Wirklichkeit in Verbindung mit ihrer literarischen Tradition wiedererkannt haben müssen.

Karl Büchsel läßt seine Leser keineswegs im Ungewissen darüber, daß es ihm bei seinen Erinnerungen primär um Erbauung und Festigung im Glauben geht. Er sieht aber auch scharf ein, daß der christliche Glaube und daß infolgedessen der Pastor mit seinen besonderen Amtsaufgaben sich mit den realen Gegeben­heiten des menschlichen Lebens auseinanderzusetzen hat. Büchsel ist ein Mann der evangelischen Praxis, er hält sehr wenig von einer lebensfernen, abstrakten