Heft 
(2020) 109
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12 Fontane Blätter 109 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Mit dem zweiten, 18 Jahre jüngeren Vetter Carl Wilhelm Theodor Fontane, geboren am 5. Juli 1837 in Glogau, Schlesien, gestorben am 21. März 1919 in Posen(heute Pozna), verbindet Fontane neben dem familiären Band auch der Beruf. Und sie schreiben einander gelegentlich. So erwähnt Fontane mehrfach in seinem Tagebuch 27 , dass er Briefe an Carl geschrieben hat. Im Jahre 1882 wird Carl, zuvor Regierungssekretär, mit einem Gehalt von 3000 Talern Chefredakteur der Posener Zeitung. Fontane schreibt an ihn: Ich sage mir ganz einfach: ein Mann, den man mit einem so vorzügli­chen Gehalt an die Spitze eines so guten Blattes beruft, muß notwendig durch seinen Charakter und seine Talente beste Garantien geboten ha­ben, und wer Charakter und Talente genug hat, um so hoch geschätzt zu werden, der darf sich auf seine eigenen zwei Beine stellen. 28 Er selbst verfügt, obwohl fleißiger Theaterkritiker der Vossischen Zeitung (er bekommt für 120 Zeilen 50 Mark) und vielseitig aktiver Schriftsteller, noch in den 80er Jahren über kein sicheres Einkommen. 29 Am»29. Januar, Dienstag« 1884 notiert er im Tagebuch:»Carl Fontane schickt mir eine von ihm verfaßte Novelle« 30 und bestätigt diesem zugleich im Brief:»empfange meinen besten Dank für die Novelle, die Deine Freund­lichkeit mir heute früh hat zugehen lassen.« 31 Auf deren Lektüre bezieht sich vermutlich Fontanes Äußerung:»als er sich auch jetzt noch, von Zeit zu Zeit auf literarischem Gebiete bewegt.« Ähnlich wertschätzend wie im vorge­stellten Brief schreibt Fontane über Carl Fontane bereits am 23.4.1883 an eine unbekannte Dame:»Wollen Sies nicht bei der ›Täglichen Rundschau‹ versuchen? Der Chefredakteur der Posener Zeitung ist mein richtiger Vet­ter, ein liebenswürdiger Mann, der an der Verkleidung schwerlich Anstoß nehmen wird.« 32 Von 1894 stammt der letzte bekannte Brief Fontanes an seinen Vetter Carl,»dass wir Deinen Sohn nicht gebeten haben, uns zu be­suchen, mußt Du uns ganz alten und weltabgewandten Leuten verzeihen.« 33 Daneben geben uns zwei Briefe von Carl Fontane an Fontanes Sohn Fried­rich lange nach dem Tod des Vaters einen vagen Blick auf diesen Vetter: Ich selbst habe seit 10 Jahren gar keine Fühlung mehr mit der Presse. Meine alte»Posener Zeitung«, zu meiner Zeit das angesehenste Blatt der Ostmarken ist völlig heruntergewirtschaftet. Das agrarische»Pos. ­Tagebl.« widert mich durch seine systematische, durchaus verderbliche Polenhetze an. Die N. Nachr. taugen als Zeitung auch nicht viel, haben aber immerhin mehr Leser als alle anderen zusammengenommen. Besonderen Dank noch für die Denkmalskarte. Ich betrachte das Bild mit immer neuer Freude. Es ist, meiner bescheidenen Ansicht nach, eins der besten Dichter-Denkmäler der Neuzeit. Man muß freilich deinen ­Vater gekannt haben, um es recht zu würdigen. 34 »Der dritte« 23 Jahre jüngere Vetter August Otto Wilhelm Fontane, gebo­ren am 13. September 1843 in Glogau, Schlesien, lebt 1885 als»Maschinen-