»Landschaftsbilder«,»Fensterbilder« Wegmann 23 Fontane den jeweiligen ›Ansichten‹ beharrlich den Status eines ›Bildes‹ verleiht, denn er gestaltet diese Passagen so, dass der ›Anblick‹ den Wahrnehmenden gewissermaßen als ›Bild‹ entgegenkommt. Das Wahrgenommene ist als Bild ›da‹ 17 . Landschaftsbilder: Szenerien und Skizzen Auf seinen Wanderungen durch England, Schottland oder die Mark Brandenburg hat Fontane immer wieder Landschaften beobachtet, die wie fertige Bilder geformt waren: von Gräben, Kuppen, Schattenlinien, Baumzeilen, Straßen, Feldergrenzen, Kanälen, Siedlungen, Flussläufen, Kämmen, Lichtflecken gezeichnet und gegliedert. Und so betrachten denn auch seine Figuren einen Landstrich gerne als eine Art Zeichnung. Eine weite Winterlandschaft erscheint den beiden Reitern Lewin und Tubal wie mit Tusche oder Kohlestift auf ein Blatt geworfen: Alles in Schnee begraben, die vereinzelten Terrainwellen in der weißen Fläche verschwindend. Auch das Oderbett hätte sich kaum erkennen lassen, wenn nicht inmitten desselben eine durch den Schnee hin abgesteckte Kiefernallee die Fahrstraße von Frankfurt bis Küstrin, und dadurch zugleich den Lauf des Flusses bezeichnet hätte. Rechtwinklig auf diese Fahrstraße stießen Queralleen, welche die Kommunikation zwischen den Ufern unterhielten und in ihrer Verlängerung, hüben und drüben, auf spärlich verstreute Ortschaften zuführten. 18 Striche, Linien, Punkte, Haufen. Die Schneedecke eliminiert die meisten Geländeunterschiede und hebt einige wenige, fast geometrische Besonderheiten hervor. 19 Dadurch erscheint die angeschaute Landschaft als Karte oder einfache Skizze. Kommen blühende Büsche und farbig bemalte Häuser dazu, die Volumina von Hecken und Baumgruppen, die Staffelung von Ebenen, freie Sicht von einer Terrasse oder einem Hügel herab, so verwandelt sich die Landschaft gar in ein buntes Panoramagemälde. Während eines Spaziergangs zum Lindenberg beim Urlaubsort Thale setzt sich das Ehepaar St. Arnaud bei einer Anhöhe auf eine Bank und erlebt von hier aus eine solche Verwandlung: Haidekraut und Epilobium wuchsen umher und weit vorhängende Tannenzweige bildeten ein Schutzdach gegen die Sonne.(...)»Wie schön,« sagte Cécile, während ihr Auge die vor ihr ausgebreitete Landschaft überflog./ Und wirklich, es war ein Bild voll eigenen Reizes./ Der Abhang, an dem sie saßen, lief, in allmählicher Schrägung, bis an die durch Wärterbuden und Schlagbäume markirte Bahn, an deren anderer Seite die rothen Dächer des Dorfes auftauchten, nur hier und da von hohen Pappeln überragt. Aber noch anmuthiger war das, was diesseits lag: eine Doppelreihe blühender Hagerosenbüsche, die zwischen einem
Heft
(2020) 109
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