Heft 
(2020) 109
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26 Fontane Blätter 109 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Oswald Achenbach (1827–1905): Küstenlandschaft in der Bucht von Neapel, 1881. (Abb. 1) Leerer Vordergrund mit Rahmung durch Bildelemente, belebter Mittelgrund, zerfließender Hintergrund: dieses Schema der Landschaftsdarstellung kannte Fontane gut von Oswald Achenbach. Landschaften ein. Jede Landschaft gleicht ja einer andern, erinnert an eine gemalte. Die gemalten Landschaften dienten als Wahrnehmungsschlüssel für reale. Dazu kam der Siegeszug der Fotografie, wodurch die Zahl abgebildeter Landschaften, realer wie gemalter, enorm anwuchs. Der englische Buntdruck brachte Gegenden aus aller Welt in die Stuben der Bilderkonsumenten. Man hatte nun jede Menge Landschaft zur Verfügung und im Kopf. Gerne weisen sich deshalb Fontanes Romanfiguren gegenseitig»auf das entzückende Bild« 26 hin, das sich gerade vor ihnen»reliefartig« 27 oder»pittoresk« 28 oder»grotesk« 29 oder»anmuthig« 30 ausbreitet, dann»freuen« sie sich über die»Schönheit des sich vor[ihnen] aufthuenden Bildes« 31 , man zeigt sich»berührt« 32 oder»wie benommen« 33 ,»ganz in Anspruch genommen« 34 oder»ergriffen« 35 , vor allem aber immer wieder»entzückt« 36 von all diesen Ansichten. Die Augen bestreichen die Landschaftsbilder in der Regel über zwei Blickachsen: aus der Nähe in die Ferne und von links nach rechts oder aber umgekehrt.»Zu Füßen« ein breiter Strom,»am andern Ufer« Wiesen und »eine vom Abendroth übergoldete Kirchthurmspitze«. 37 Oder:»Da nach links hin die weite Fläche mit den Weidenbüschen am Ufer« 38 , hinten bei den verkrüppelten Bäumen ein Hohlweg und nach rechts hin der tiefe Blick ins Oderbruch mit Pappelwegen, Gehöften und in der Ferne der»Hohen­Vietzer Thurm und das Kreuz darauf, blitzend in der Nachmittagssonne«. Und so weiter. Mit solchen Schweifbewegungen werden die Vorder-, Mittel­und Hintergründe abgesucht, vor allem in den Mittelgründen finden sich