Heft 
(2020) 109
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»Landschaftsbilder«,»Fensterbilder« Wegmann 27 die markanten Motive in effektvoller Beleuchtung,»im Glanz der Nachmit­tagssonne« 39 schimmernd oder im»Glutscheine« 40 des Sonnenuntergangs »matt erleuchtet« 41 , im»Spiel der Schatten und Lichter« 42 oder unter»sil­berglänzende[m] Gewölk« 43 schimmernd. Der Erzähler verfügt über einen gut bestückten Werkkasten zur Erschaffung der unterschiedlichsten Land­schaftstypen. Manchmal bringt er bloß einzelne Tupfer an, etwa den Fleck von einem »weiße[n] Haus unten am Abhang« 44 , dann hebt er einen Farbkontrast her­vor, die»roten und blauen Riesenbuchstaben« 45 einer Bonbonreklame oder »eine mit Ampfer und Ranunkel rot und gelb gemusterte Wiese« 46 . Andere Ansichten sind in einem Ton gehalten,»grüne Wintersaat, so weit das Auge reicht« 47 oder»goldene[r] Schimmer« 48 , in dem alles verschwimmt. Rot, Grün oder Gelb senden leuchtende Signale aus, während die schattierten Zonen in milden Tönen gehalten sind oder subtile Studien in Grau abgeben, wenn etwa eine»mächtige Wolkenmasse« die gekräuselte Spree»stahlfar­ben« 49 tönt und den nahen Waldstrich eindunkelt oder wenn der Mond »Schattenstreifen« 50 zeichnet. Nachtstücke mit ihrem gedeckten Glanz, den scharfen Schatten und tiefschwarzen Zonen sind überhaupt eine Spezialität des Erzählers. Seine realistischen Erzähltableaus sind nun aber keineswegs, wie es scheinen könnte, bis ins letzte Detail ausgefüllt. Überall finden sich unbe­malte Stellen, leere Flecken. Die Ansichten gleichen eher Skizzen, auf denen einzelne Stellen bis zur Perfektion gebracht sind, der Rest aber nur mit Lini­en und Flecken angedeutet ist. Dazwischen nichts. Der realistische Erzähler schreckt davor zurück, die Realität eins zu eins abzukopieren, aus Angst, dass der Text dabei erstarren würde. Diese Befürchtung äußerte Fontane in einem Brief an den Verleger Julius Rodenberg, als er ihm den Entwurf von Unwiederbringlich übermittelte. Er wünsche sich, erklärt er,»daß die große Leinwand, wenn sie sich vor Ihnen entrollt, in der Wirkung nicht allzu sehr hinter der Skizze zurückbleiben möge. Ein bisschen ist dies ja immer der Fall« 51 . Der Autor möchte in der endgültigen Ausführung die Lebendigkeit des Entwurfs bewahren. Ganz ähnlich empfand auch Oswald Achenbach, der die Qualitäten sei­ner Ölskizzen schätzte.»Ausführen? Die großen Bilder will ich gar nicht ausführen, die sind fertig; die müssen so sein. Wer ein Bild haben will, an das er so nahe herangehen kann, daß er die Farbe riecht, der muß nicht zu mir kommen.« 52 Der Maler hat viele skizzenhafte Untermalungen geschaf­fen, um bei plötzlicher Nachfrage eine Landschaft schnell liefern zu können. Mit der Zeit fand er immer mehr Gefallen an den unfertigen Stücken, an ­ihren Andeutungen, Abkürzungen und Evokationen.»Ach! Wenn man doch nur Untermalungen machen dürfte! Und nicht auszustellen brauchte!!« 53 , wünschte er sich.