Heft 
(2020) 109
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44 Fontane Blätter 109 Kapiteltitel Seit dem Abend seiner Ankunft hat Graf Holk ›die Frau Kapitän‹ nicht mehr gesehen, aber ihr Bild ist er»nicht los geworden« 106 . Nun tritt sie in sein Zimmer, um das Frühstücksservice abzuräumen, sie trägt»dasselbe Haus­kostüm, das sie schon am ersten Abend getragen hatte, weit und bequem, nicht Manschetten, nicht Halskragen, aber nur deshalb nicht, weil all der­gleichen die Wirkung ihrer selbst nur gemindert hätte.« 107 Denn gerade ihr Hals ist von besonderer Schönheit und hat einen Teint für sich. In ihrer Er­scheinung, das wird Holk nun wieder klar, gibt sie»das Bild einer schönen Holländerin«. Darüber muss er gleich seiner Frau Christine schreiben, denn, so denkt er sich wohl, wenn er offen über die attraktive Frau Kapitän berichte, falle jeder Verdacht der Untreue von ihm ab:»›Sie hat eine statuari­sche Ruhe, rothblondes Haar(etwas wenig, aber sehr geschickt arrangirt) und natürlich den Teint, der solch´ rothblondes Haar zu begleiten pflegt‹« 108 , schreibt er nach Hause. »Ich würde sie Rubensch nennen, wenn nicht alles Rubensche doch aus gröberem Stoffe geschaffen wäre. Doch lassen wir Frau Capitän Hansen. Du wirst lachen, und darfst es auch, über das Interesse, das aus dem Vergleich mit Rubens zu sprechen scheint. Und Rubens noch übertrof­fen!« Peter Paul Rubens (1577–1640): Psyche und der schlafende Amor, etwa 1636. (Abb. 20)