Heft 
(2020) 109
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Gartengespräche  Sill 53 Gartengespräche. Über einige Korrespondenzen zwischen Theodor Fontanes Effi Briest(1895), Johann Wolfgang von Goethes Die Wahlverwandtschaften(1809) und Gustav Freytags Soll und Haben(1855) Oliver Sill Theodor Fontanes Verhältnis zu Goethes literarischem Werk war überaus zwiespältig. Mit Blick auf Die Wahlverwandtschaften bemerkt er am 23. Juli 1870 in einem Brief an Karl Zöllner:»[...] ich bewundre es und finde es tief­langweilig.« 1 Doch ist es nicht allein entstehende Langeweile des Lesers Theodor Fontane, die ihn in kritischer Distanz zu Goethes Ehebruchsroman hielt. Auch die Figurenanlage, namentlich Ottilies Wandlung nach dem von ihr verschuldeten Tod des Kindes, erschien ihm unglaubwürdig, nicht»psy­chologisch richtig« 2 so Fontane in seinen Notizen über die Wahlverwandt­schaften aus dem Jahre 1870. Viele Jahre später, im Februar 1896, schickt Friedrich Spielhagen das Manuskript seines Essays Einst und Jetzt. Die Wahlverwandtschaften und Effi Briest an den Schriftstellerkollegen Theodor Fontane wohl auch in der Hoffnung, dass Fontanes gute Beziehung zum Verleger Julius Roden­berg behilflich sein könnte bei dem Versuch, seine Studie in der Deutschen Rundschau zu publizieren. Wie von Fontane vermutet, lehnte Goethe-Be­wunderer Rodenberg ab, während Fontane selbst in seiner Korrespondenz mit Friedrich Spielhagen dessen Kernthese ausdrücklich beipflichtet, dass die Erzähltechnik der Wahlverwandtschaften»antiquiert« 3 sei. Woran sich Spielhagen und mit ihm Fontane rieben, war insbesondere die auktoriale Erzählhaltung in Goethes Roman, die beständige Präsenz einer Erzählins­tanz, die in souveräner Manier das gestaltete Geschehen unterbricht und kommentiert.»Das Hineinreden des Schriftstellers ist fast immer von Übel, mindestens überflüssig«, so Fontane an Spielhagen am 15. Februar 1896: »Und was überflüssig ist, ist falsch. Allerdings wird es mitunter schwer fest­zustellen sein, wo das Hineinreden beginnt.[...] Nur des Urteilens, des Pre­digens, des klug und weise Seins muß er sich enthalten.« 4 Sei es im Jahre 1870 oder ein Vierteljahrhundert später: Theodor ­Fontanes Verhältnis zu Goethes Wahlverwandtschaften war und blieb von skeptischer Distanz gekennzeichnet. Aber, so fragt sich, worin lag dann für Fontane das Bewundernswerte dieses Romans? Sollte sein Hinweis ­gegen-