Heft 
(2020) 109
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130 Fontane Blätter 109 Freie Formen Hankels Ablage bei Fontane. Wahrnehmung, Wirklichkeit, Verwandlung eines Ortes Joachim Kleine Neben der Spree bei Stralau, der»Dörrschen Gärtnerei« und ihres Umfel­des südlich vom Berliner Tiergarten sowie dem Milieu der Gardekavallerie­offiziere inmitten und am Westrand der Hauptstadt gehört Hankels Ablage am Zeuthener See zu den tragenden Handlungsorten in der ersten Hälfte des Fontane-Romans Irrungen, Wirrungen. Warum lässt Fontane die Som­merliebe zwischen Botho von Rienäcker und der Weißzeugstickerin Lene Nimptsch gerade auf der Landpartie dorthin gipfeln und scheitern? Be­kanntlich setzte er»Landpartien« in mehreren Romanen und Erzählungen ein, um»Verhältnisse«, ihre Anbahnung, ihren Verlauf, ihre Wendepunkte und ihr Scheitern zu veranschaulichen. 1 In Irrungen, Wirrungen geschah das besonders ausgiebig. Die Gelegenheiten, bei denen sich Lene und Botho auf der Spree bei Stralau kennenlernten, sich in der Gärtnerei und auf dem Brachland dahinter näherkamen, boten solche Ausflüge. Selbst Bothos ein­same»Bußfahrt« zum Grab der alten Frau Nimptsch weit draußen,»auf Britz zu«, war mit allem, was ihm unterwegs begegnete und durch den Kopf ging eine Landpartie. Zum Höhe- und Wendepunkt des ganzen Ro­mans aber macht Fontane das Wochenende auf Hankels Ablage. 2 Im elften Kapitel fragen sich die Verliebten nach dem»Wohin?« ihres geplanten Aus­flugs: Lene zieht es nur in die freie Natur, weg vom Getriebe der Großstadt. Doch Botho gibt zu bedenken: Erkner und Kranichberge, Schwielowsee, Baumgartenbrück seien»zu besucht«, Hankels Ablage dagegen schön und einsam,»wahre Wunderdinge« habe er davon vernommen. Also einigt man sich darauf. Was brachte Fontane auf Hankels Ablage? Warum entschied er sich für diesen Ort? Dem suchte ich schon vor vielen Jahren auf die Spur zu kommen. 3 Nun gibt mir der Fund eines frühen, unbekannten Fotos vom einstigen Hankel-Krug mit bislang unbeachteten Details Anlass, die wahr­scheinlichen Gründe für Fontanes Ortswahl zu resümieren und sie stellen­weise noch etwas zu verdeutlichen.