Heft 
(2020) 109
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Hankels Ablage  Kleine 131 Vom» wunderlich benannten Punkt« zum Schauplatz im Roman Erstmals bekam Theodor Fontane die Uferpartien rund um den Zeuthener See im Juli 1874 vom Wasser her zu Gesicht. Als Gast einer der ersten touris­tischen Segelpartien in den Spree-Dahme-Gewässern, vom Köpenicker Frauentog, der Hafenbucht hinter der Schlossinsel, nach Teupitz 4 registrier­te er sie flüchtig im Vorübergleiten. Seine Notizen und die daraus geformte Reportage offenbaren, wie er die Gegend zu beiden Seiten der Dahme in je­nem Sommer empfand, der»Wendischen Spree«, wie man deren unteren Flussabschnitt dazumal noch nannte:»Bis Hanke s[!] Ablage hin reicht das Terrain der Stralau-Treptower-Seglerschule«, liest man in seinem Notiz­buch. Da schrieb er den nach Gehör aufgenommenen Ortsnamen noch ohne »l«.»Sie kennen hier jede Ecke und jeder haben sie ihren Namen gegeben: Da ist Haches Gruß, der Ginghan-Berg etc.[] Nieder-Löhme liegt reizend wie Zeuthen;[] Lehm- und Rohrdach-Häuser unter Bäumen, malerisch aber arm; keine Kirche, kein Herrenhaus, daher auch keine Geschichte…« 5 Keine Geschichte! Wahrlich, mehr als zwei vereinsamte königliche Jagd­schlösser schien die Gegend kaum herzugeben. Die Lynars saßen weitab in Lübbenau, die Schulenburgs in der Lieberoser Heide. Und längs der Dahme­Gewässer war außer der Legende vom Fischer Kahnis, der Minkwitz-Fehde und den Reiherjagden in der Dubrow kaum Aufregendes zu berichten. Kein Vergleich zum Ruppinschen, zu Oder- und Havelland, wo ein namhafter Adelssitz an den anderen grenzte und sich»Geschichten« in Hülle und Fülle fanden. Und doch prägte sich ihm eine Stelle ein, aus der sich mehr machen ließ als zunächst gedacht. In der Reportage An Bord der ›Sphinx‹ vertieft Fontane seine ersten Ein­drücke noch. Der Zeuthener See, heißt es da, ist doch schon Vorterrain; die Villen hören auf, der Einfluß der Haupt­stadt schwindet, und die eigentliche» Wendei« beginnt. Die Ufer still und einförmig. Nur dann und wann ein Gehöft, das sein Strohdach unter Ei­chen versteckt; dahinter ein Birkicht, ein zweites und drittes, coulissen­artig in die Landschaft gestellt. Am Horizonte der schwarze Strich eines Kiefernwaldes. Sonst nichts als Rohr und Wiese und ein schmaler Gers­tenstreifen dazwischen; ein Habichtpaar in Lüften, das im Spiel sich jagt; von Zeit zu Zeit ein Angler, der von seinem Boot oder einem halb verfal­lenen Steg aus die Schnur ins Wasser wirft. Wenig Menschen, noch we­niger Geschichte.[] Der Grundzug der Wendei, wenigstens an dieser Stelle, ist Trauer und Einsamkeit. 6 Jahre später hat Theodor Fontane diese Momentaufnahme seiner Novelle Stine anverwandelt. Im Gespräch mit dem im Kriege schwerverwundeten Waldemar von Haldern erinnert sich die jüngere Schwester der resoluten Witwe Pittelkow eines beglückenden Erlebnisses, eines Betriebsausflugs zu Wasser: