Heft 
(2020) 109
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142 Fontane Blätter 109 Freie Formen in der»Waldschenke« vorfand, und wie sie dem Vernehmen und unserem Bilde nach zu urteilen auch der einstige Hankel-Krug trotz seiner Kleinheit (oder gerade deswegen?) geboten haben mochte. Zunächst scheint sich Fontane auf der ihn besonders tief anrührenden Seenreise mit der ›Sphinx‹ im Juli 1874(»als ob es sich um ein Vordringen bis zu den See- und Quellge­bieten des Nils gehandelt hätte«) 22 vor allem den Namen»Hankels Ablage« als»wunderlich benannten Punkt« und das reizvoll Abseitige dieses Fleck­chens Erde eingeprägt zu haben. Absichtslos, unterschwellig geschah dies noch, ohne sich der Tragweite des Eindrucks schon bewusst zu werden. Doch der blieb ihm im Gedächtnis, später entsann er sich der Stelle, ließ sie in Stine nochmals aufscheinen, besuchte sie 1884 bei Erkundungen von ­Lokalitäten für Irrungen, Wirrungen rund um Berlin und lernte sie nun nä­her kennen. Die Freundlichkeit der Wirtsleute schätzte er hoch und begriff rasch, wie gut sich die örtlichen Gegebenheiten romantische Elemente und darüber hinweggehender technischer Fortschritt zum Hintergrund für die Wende in Irrungen, Wirrungen eigneten:»Ein Kuß, was ist er, wenn Züge brausen/ Vorüber an Schmöckwitz und Wusterhausen«. 23 Sieht man von ihrer noch immer reizvollen Lage zwischen Wasser und Wald ab, so ist von Hankels Ablage, wie sie sich dereinst dem Auge darbot, kaum noch etwas übrig geblieben. Den alten Krug bekam schon Fontane wohl nur einmal von Bord der»Sphinx« aus flüchtig zu Gesicht. Käppels Gasthaus, in dem er sich 1884 und im Jahr darauf aufhielt, blieb nach seinem Tod zwar noch ein Dreivierteljahrhundert stehen, fiel aber dann, baufällig geworden wie auch die»Villa Hankel«(von Fontane zum Refugium»in Zu­ständen nervöser Pleite« erhoben), in den 1960er,-70er Jahren der Spitzha­cke zum Opfer. Den heute von der DESY-Verwaltung genutzten, noch von Käppel 1886/87 errichteten stattlichen Ziegelbau im Schweizerhausstil an der Platanenallee, das einstige»Seglerschloss«, in dem und dessen Nachbar­gebäuden nach Schließung des Hotel- und Gaststättenbetriebs 1940 gehei­me kernphysikalische Forschung begonnen wurde, hat Fontane wohl gar nicht mehr zu sehen bekommen. Nur in die»Waldschenke« an der Bahnsta­tion kehrte er 1885 noch ein. Aber auch dieses Haus blieb nicht erhalten. Unser Bemühen, es unter Denkmalschutz zu stellen und museal zu nutzen, misslang. Vor kurzem musste es dem Parkplatz eines Supermarktes weichen. Von den Gebäuden, die Fontane einst auf Hankels Ablage vorfand, steht nur eins noch im Verborgenen: die»Kleine Villa«, August Hankels Altenteil, auf dem er 1906 verstarb. Man bekommt sie am nördlichen Ende der Bucht nur vom Wasser her zu Gesicht, wenn man weiß, wohin man schauen muss. Sie scheint jetzt einen verständigen, behutsamen Eigner gefunden zu haben, der ihre äußere Gestalt bewahren will. Was von Hankels Ablage sonst noch blieb und bleiben wird, stiftete der Dichter Theodor Fontane.