James N. Bade: The Secret of the Glass Mountains Görgens 151 gerät auch die Beschreibung von Universitäten zum Wegweiser für Erstsemester(»There’s a small shop in Walker Center – it has good sushi«). Manchmal wird der Leser in Sachbuch-Daten beinahe begraben – wie bei der Geschichte der ehemaligen mennonitischen Indianer-Mission(Kapitel 15). Dass jedoch all diese Informationen nicht vom Erzähler, sondern von wissbegierigen Studenten für wissbegierige Studenten im schnellen Dialog vorgetragen werden, rettet den Erzählfluss und erzeugt statt möglichem Ärgernis über zuviel Belehrung kräftige Sympathie für kluge junge Leute. Witz und autobiographische Anlehnungsbedürftigkeit haben den Autor bei der Namenswahl geleitet. Einstige Zürcher Studienfreunde standen bei der Benennung von Thomas-Mann- und Fontane-Forschern Pate. Der Archivar im Fontane-Archiv, heute Klaus-Peter Möller, heißt bei Bade HansUlrich Menz – wie der Quitt-Protagonist Lehnert Menz bei Fontane. Allein schon durch die Namen trägt Bades Personal zur Vermischung – besser Verknüpfung – von Fontane-Zeit, Vergangenheit des Autors und Jetzt-Zeit bei. Reichlich Lob wird in Bades Dialogen über Neuseeland und Deutschland ausgeschüttet. Sein Heimatland wird als eine der ersten parlamentarischen Demokratien und als Vorbild für Wandlung des internationalen Engagements von Kampfeinsätzen zu Friedenserhaltung, Wiederaufbau und Ausbildung gepriesen. Auch Deutschlands Gegenwart erscheint – nach Ausleben der von Fontane prognostizierten autoritären, menschenverachtenden Auswüchse des Untertanengeists – als»model democracy«. Bade konnte nicht ahnen, dass 2019 nach Abschluss des Manuskripts, aber noch vor Erscheinen von Glass Mountains gerade Neuseeland und Deutschland einen Kontrapunkt zum Toleranzgedanken der Mennoniten und Vereinten Nationen erlebten. Hasserfüllte Täter mordeten nicht in Auckland und Berlin, aber in Christchurch, wo in zwei Moscheen 51 Menschen umkamen, und Halle, wo der Mörder vor der Synagoge»nur« zwei Opfer fand. So stellt der kontextbewusste Leser fest, dass Bades Studenten auf Fontanes Spuren aus den Ländern der Moscheen- und Synagogenmorde von 2019 in die Mutterstadt westlichen Terrorismus fliegen, nach Oklahoma City, wo 1995 ein Bombenanschlag 168 Todesopfer forderte. Sie suchen dort allerdings nicht die Stätte der 24 Jahre zurückliegenden Hass-Tat auf, sondern suchen nach einer vor 128 Jahren aufgezeichneten Botschaft gegen Hass und Rache. Vor dem Hintergrund des neuen Terrors gegen Mitmenschen, die der Täter als andersartig perzipiert, erhält die Mission der drei Studenten von Glass Mountains eine zusätzliche Relevanz, die von Fontanes alter Anregung zur Abkehr vom Rache-Denken genährt wird. Judy Thorpe, in Bades Roman die neuseeländische Sonderbeauftragte für Konfliktlösung des UNGeneralsekretärs, fordert Verbreitung der Erkenntnis»that they are us«. Ihre Ausführungen erinnern an die Rede von Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern nach der Untat von Christchurch vom März 2019 und an ihre Vision Neuseelands als»a place that is diverse, welcoming, kind
Heft
(2020) 109
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