Heft 
(2020) 109
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James N. Bade: The Secret of the Glass Mountains  Görgens 151 gerät auch die Beschreibung von Universitäten zum Wegweiser für Erstse­mester(»Theres a small shop in Walker Center it has good sushi«). Manch­mal wird der Leser in Sachbuch-Daten beinahe begraben wie bei der Ge­schichte der ehemaligen mennonitischen Indianer-Mission(Kapitel 15). Dass jedoch all diese Informationen nicht vom Erzähler, sondern von wissbegie­rigen Studenten für wissbegierige Studenten im schnellen Dialog vorgetra­gen werden, rettet den Erzählfluss und erzeugt statt möglichem Ärgernis über zuviel Belehrung kräftige Sympathie für kluge junge Leute. Witz und autobiographische Anlehnungsbedürftigkeit haben den Autor bei der Namenswahl geleitet. Einstige Zürcher Studienfreunde standen bei der Benennung von Thomas-Mann- und Fontane-Forschern Pate. Der Ar­chivar im Fontane-Archiv, heute Klaus-Peter Möller, heißt bei Bade Hans­Ulrich Menz wie der Quitt-Protagonist Lehnert Menz bei Fontane. Allein schon durch die Namen trägt Bades Personal zur Vermischung besser Ver­knüpfung von Fontane-Zeit, Vergangenheit des Autors und Jetzt-Zeit bei. Reichlich Lob wird in Bades Dialogen über Neuseeland und Deutschland ausgeschüttet. Sein Heimatland wird als eine der ersten parlamentarischen Demokratien und als Vorbild für Wandlung des internationalen Engage­ments von Kampfeinsätzen zu Friedenserhaltung, Wiederaufbau und Aus­bildung gepriesen. Auch Deutschlands Gegenwart erscheint nach Ausle­ben der von Fontane prognostizierten autoritären, menschenverachtenden Auswüchse des Untertanengeists als»model democracy«. Bade konnte nicht ahnen, dass 2019 nach Abschluss des Manuskripts, aber noch vor Er­scheinen von Glass Mountains gerade Neuseeland und Deutschland einen Kontrapunkt zum Toleranzgedanken der Mennoniten und Vereinten Natio­nen erlebten. Hasserfüllte Täter mordeten nicht in Auckland und Berlin, aber in Christchurch, wo in zwei Moscheen 51 Menschen umkamen, und Halle, wo der Mörder vor der Synagoge»nur« zwei Opfer fand. So stellt der kontextbewusste Leser fest, dass Bades Studenten auf Fontanes Spuren aus den Ländern der Moscheen- und Synagogenmorde von 2019 in die Mutter­stadt westlichen Terrorismus fliegen, nach Oklahoma City, wo 1995 ein Bom­benanschlag 168 Todesopfer forderte. Sie suchen dort allerdings nicht die Stätte der 24 Jahre zurückliegenden Hass-Tat auf, sondern suchen nach einer vor 128 Jahren aufgezeichneten Botschaft gegen Hass und Rache. Vor dem Hintergrund des neuen Terrors gegen Mitmenschen, die der Täter als andersartig perzipiert, erhält die Mission der drei Studenten von Glass Mountains eine zusätzliche Relevanz, die von Fontanes alter Anre­gung zur Abkehr vom Rache-Denken genährt wird. Judy Thorpe, in Bades Roman die neuseeländische Sonderbeauftragte für Konfliktlösung des UN­Generalsekretärs, fordert Verbreitung der Erkenntnis»that they are us«. Ihre Ausführungen erinnern an die Rede von Neuseelands Premierminis­terin Jacinda Ardern nach der Untat von Christchurch vom März 2019 und an ihre Vision Neuseelands als»a place that is diverse, welcoming, kind