152 Fontane Blätter 109 Rezensionen and compassionate«. Thorpe und Ardern wiederum führen zurück zur Predigt von Obadja Hornbostel in Quitt(Kapitel 24), und damit zu Bades glaubwürdiger Fiktion einer von Fontane hinterlegten»Botschaft für die Zukunft – Obadja: 24«. Es bleibt die unbehagliche Ironie, dass Fontanes amerikanischer Obadja, Prediger von Pazifismus und Toleranz, keineswegs in Fußstapfen seines Namensgebers treten kann. Der Prophet Obadja verkündete Rache des Hauses Jakob am Haus Esau. Der biblische Obadja ist Prophet der Unbarmherzigheit:»Wie du verfahren bist, wird mit dir verfahren werden, deine Tat fällt zurück auf dein Haupt«(Obd 15). Dieses Credo widerspricht diametral der Botschaft von Obadja Hornbostel(»Buße habe seine Schuld gesühnt«). Es entspricht aber dem Credo des preußischen Rechnungsrats Espe(»Ordnung, Anstand, Manier«). Der steht am Ende von Quitt. Und nach der Niederschrift von Glass Mountains verübten die Mörder von Christchurch und Halle ihre Untaten. Wir hoffen, dass Fontanes Botschaft von Toleranz und Vergebung nicht nur in der Schmuckdose verborgen war, die 2019 in den Glass Mountains entdeckt wurde, sondern an vielen weiteren Fundorten verbreitet ist, deren Entdeckung künftigen Generationen vorbehalten bleibt. Lutz Görgens Hans-Peter Fischer:»Die Wirklichkeiten fangen an«. Theodor Fontanes »Irrungen, Wirrungen« als Gradmesser einer sich verändernden Welt. Würzburg: Königshausen& Neumann 2019. 499 S.€ 58 Vermag man solch intensiver Lesebewegung oder vielfältiger Lektüreverinnerlichung als einer eigentümlichen Annäherung an Fontane in diesem Zusammenhang als Rezensent überhaupt gerecht zu werden? Dieser schrittweisen Leistung, die aus einem sowohl speziellen wie eingeschränkt partiellen Blickwinkel erwachsen ist, in der Absicht und mit dem Wunsche, dass die von ihm bedachten Fährten von einer anstelligen Leserschaft nachvollzogen würden? Wobei letztere notwendigerweise Fontane kennen und schätzen müsste und dem Interpreten ebenso bereitwillig und angeregt dorthin folgen sollte, wohin er seine mannigfach grenzüberschreitenden Fäden gelegt hat, beispielsweise mit Seitenblicken in die literarische oder besser erzählerische oder auch poetische Vor- wie Materialgeschichte und dann vor allem in Richtung Thomas Mann? Das ist in diesem Fall nur erneut zu hoffen, wenngleich er mit seinen Deutungsbeiträgen inzwischen durchaus im akademischen Fontane-Gespräch wahrgenommen wird(vgl. z.B. die Bibliographie in Norbert Mecklenburgs Fontane-Buch 2018). Fischer selber hat seinen privaten Ton und besonderen Blick erst gar nicht akademisiert, sondern stellt unter Beweis, dass es wirklich so etwas
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(2020) 109
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