Heft 
(2020) 109
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»Die Wirklichkeiten fangen an« Kruse 153 gibt wie eine persönliche und professionelle Teilhabe von Verfasser wie Le­ser am Werk eines Schriftstellers, begleitet und unterstützt durch die tägli­chen Erfahrungen wie Anregungen von Feuilletons, Neuerscheinungen oder durch sonstige Funde etc. Also handelt es sich insgesamt um literari­sche Reflexionen und detektivische Auslegungen, wie das wahre und wache Leben so spielt, die unbeirrt durch anspielungsreich-verräterische Aussa­gen wandern sowie durch die Worte und jeden Buchstaben klettern, weil ein uns allen so notwendiger Anspruch an ein bleibend-förderliches Bildungs­interesse nicht ganz abgeschrieben werden darf und wir in den Stand ge­setzt werden sollen, vor, neben, hinter und nach allem noch jenen mehrfa­chen Sinn zu wittern, der sich unbedingt für jeden Menschen seines Geistes zu eruieren lohnt. Insofern bildet die Methode gewissermaßen eine homile­tische Variante der Fontane-Lektüre eines ganz besonderen Corpus zum besseren Verständnis der damaligen wie heutigen»Wirklichkeit« und um die geradezu existentielle Lektüre als Leitfaden für sich und alle, die guten Willens sind. Nämlich unablässig, unverdrossen, wortreich in seinem individuellen Stil und wieder umfangreich in diesmal sich ungeniert wandelnden Textar­ten, so erleben wir einen Autor, der sich bedingungslos und hauptsächlich eben Fontane, dessen Finessen und Überlebenskünsten samt ihren Licht­und Schattenseiten verschrieben hat, wobei er sämtliche kulturellen Ver­gleichsgegenstände, zumal der Literatur sowie der sogenannten Sekundär­literatur ebenfalls ins Kalkül zieht. Er erobert sich den Dichter, wird selber zum nachgeborenen verständnisvoll-kritischen Betrachter und Vermittler. Im Großteil des Bandes kreist er noch einmal, wie der Titel verrät, sowohl in den»Aufsätzen« um dieselben Themen des für ihn(weitere Blickwinkel nicht ausgeschlossen) so ergiebigen Lieblingsromans Irrungen, Wirrungen und gewinnt dennoch oder gerade deswegen je verdeutlichende Hinweise und Einsichten. Zugleich aber reichert er mit eingefügten Gedichten und am Ende durch die Zugabe eines Hörspiels wie eines Drehbuchs ebenso tiefsin­nig wie suggestiv den vorliegenden Band an. Nach seinen seit 15 Jahren ge­schaffenen vier Studien und Annäherungen(von denen der Rez. zwei Bde. an diesem Orte schon mit positiver Anteilnahme besprochen hat: Fontane Blätter 96/2013 u. 99/2015) möchte er in variierender Weise auf dem weiten Feld der Fontane-Interpretation bzw. des ihm wichtigsten Romans, aber auch der geradezu frappierenden Wirkung auf Thomas Mann seine Lektüre­Optionen verdeutlichen. Seine literarischen Aneignungen und Aussagen be­sitzen ihren je eigenen Reiz. Seine unerschöpfliche Aufmerksamkeit will er nunmehr einer Leserschaft, die er beschwörend an die Hand zu nehmen weiß, auf poetisch-literarische Weise näherbringen, um nicht zu sagen: zum Geschenk machen. Dass Fischers intensive Lektüren mit Blick auf sein Publikum immer auch einen künstlerischen Anspruch unter Beweis stellen, belegen auch