Heft 
(2020) 110
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10 Fontane Blätter 110 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes des Nachlasses erfolgte am 23. Dezember 1935. Der Ankauf des Theodor­Fontane-Archivs stand im Rahmen eines Konzepts zur Gründung eines Märkischen Schrifttumsarchivs innerhalb der Kulturabteilung der Bran­denburgischen Provinzialverwaltung, das durch weitere Erwerbungen aus­gebaut wurde. Zu nennen sind hier vor allem die Nachlässe und Sammlun­gen von Willibald Alexis, Friedrich de la Motte Fouqué und Martin Anton Niendorf, die sich heute in der Staatsbibliothek zu Berlin befinden. Das Theodor-Fontane-Archiv war zunächst eine Bestandsgruppe des Schrift­tumsarchivs, aufgrund seines Umfangs und seiner Bedeutung emanzipierte es sich rasch auch institutionell. Zum ersten Leiter des Archivs wurde Hermann Fricke berufen. Als Ar­chivarin wurde Jutta Fürstenau angestellt, die später den Germanisten Otto Neuendorff heiratete. Sie hat, gestützt auf die Vorarbeiten von Friedrich Fontane, das erste umfassende Verzeichnis der Archivalien des Theodor­Fontane-Archivs erarbeitet und damit die Grundlage für das heutige Wis­sen um den Vorkriegsbestand gelegt. 10 In ihrem handschriftlichen, in den Personal-Unterlagen überlieferten, Lebenslauf 11 berichtet sie über ihren Werdegang. Sie war die Tochter des 1928 verstorbenen Juristen Hermann Fürstenau(1868–1928), der 1925 zum Senatspräsidenten des Oberverwal­tungsgerichts Berlin berufen worden war. Geboren am 21. Februar 1913 in Berlin-Charlottenburg, bestand sie 1932 die Reifeprüfung an der Reform­realgymnasial-Studienanstalt der Fürstin Bismarck-Schule zu Charlotten­burg und immatrikulierte sich noch im selben Jahr an der Berliner Univer­sität, um Deutsch, Geschichte und Englisch zu studieren. Als Lehrer nennt sie in ihrem Lebenslauf u. a. Willy Hoppe(Landesgeschichte), Adolf Spamer (Volkskunde), Julius Petersen und Arthur Hübner(Literaturwissenschaft). Im Frühjahr 1937 wurde sie, zunächst als Teilzeitkraft, für das Fontane-Archiv angestellt.»Die ursprünglich in Aussicht genommene Fr. Dr. Jolles dürfte hierzu auf die Dauer nicht in Frage kommen, da ein Grosselternteil nicht arisch ist«, heißt es in einem Gutachten vom 25. März 1937, 12 das uns auch daran erinnert, dass das Fontane-Archiv eine Gründung der NS-Zeit ist auch hier stehen vertiefende institutionsgeschichtliche Forschungen noch aus. Eine der wichtigsten Aufgaben, denen sich Jutta Fürstenau in ihren Jahren am Fontane-Archiv widmete, war die Ordnung und Verzeichnung der Fontane-Handschriften. Nebenher arbeitete sie an ihrer Promotion bei Julius Petersen. 13 Während Archivleiter Hermann Fricke 1942 zur Haupt­fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte und Hinterbliebene abkommandiert wurde, blieb Jutta Fürstenau bis zum Kriegsende in ihrer Position und übernahm immer mehr Aufgaben im Schrifttumsarchiv und in der Landes­bücherei. Schließlich fungierte sie auch als Stellvertreterin für die Leiter des Archivs und der Landesbücherei und zeichnete im Auftrag alle Erwer­bungsakte der Landesbücherei.