Dokumente zur Bestandsgeschichte 15 Die Kisten 2 sowie 4 bis 9 enthielten die wertvollsten Bände der Landesbücherei. Auch die anderen Bestände des Märkischen Schrifttumsarchivs wurden mit demselben Transport ausgelagert, darunter die Nachlässe von Martin Anton Niendorf(8 Kästen) und Willibald Alexis(2 Pakete) sowie die Sammlungen zu Fouqué, Scherenberg und zu den märkischen Dichtern(3 Kästen). Unter der Überschrift dieser Auslagerungsliste findet sich der handschriftliche Bearbeitungsvermerk:»(Transport am 26. IV. 44 Sz.)« Es fällt auf, dass besonders im Bereich der Auslagerungsobjekte aus dem Schrifttumsarchiv jede einzelne Position auf dieser Liste abgehakt ist. Nach dem Krieg: Auffindung und Bergung des ausgelagerten Archivs Am Auslagerungsort, im Provinzialgut Rotes Luch, sind die Handschriften bis zum Kriegsende geblieben, allerdings wurde das Depot 1945 geöffnet und devastiert. Luise Röbel, eine Arbeiterin, die in Neuenhagen wohnte und auf dem Gut tätig war, hat die wertvollen Archivalien sichergestellt. Eine Kranzschleife mit der Aufschrift»unserem Theodor Fontane« sei ihr aufgefallen, die eine der Frauen sich um den Kopf gebunden hatte, heißt es in ihrem Bericht. Luise Röbel wies demnach den sowjetischen Kommandanten darauf hin, dass es sich bei den Handschriften, die sie gefunden hatte, um unersetzliche kulturelle Werte handelte, die nicht zerstört werden durften. Der Bericht, den Luise Röbel später über die Ereignisse im Roten Luch gab, gehört zu den beeindruckendsten Dokumenten zur Geschichte des FontaneArchivs. 18 Man kann sich schlicht nicht vorstellen, in welch ein Chaos der bis dahin so sorgfältig bewahrte Nachlass Fontanes 1945 geraten ist. Zweimal ist Luise Röbel im Sommer 1945 nach Potsdam gelaufen, um einen Verantwortlichen zu finden, der sich um diesen Archivbestand kümmern könnte. Beim zweiten Mal konnte sie nur mit einer speziellen Bescheinigung in russischer Sprache die Glienicker Brücke passieren, Potsdam war wegen der in Cecilienhof stattfindenden Konferenz der drei Siegermächte abgeriegelt. Schließlich schrieb sie am 17. November 1945 an das Amt für Denkmalpflege in Potsdam. Im Mai 1946 wurde daraufhin Jutta Fürstenau zum Auslagerungsort geschickt, um die Materialien abzuholen, konnte sie aber zunächst nicht finden. Nach dem Ende des Weltkrieges war Jutta Fürstenau noch eine Zeitlang für die Kulturabteilung der Brandenburgischen Provinzialverwaltung tätig. Sie war beteiligt an der Bergung von Bibliotheken, herrenlosen Kulturgütern und Auslagerungsbeständen in den verschiedenen Kreisen des Landes Brandenburg 19 und berichtete u.a. über die wertvollen Bibliotheken von Neuhardenberg und Gusow. Dreimal fuhr sie 1946 nach Neuhardenberg, um die Bibliothek sicherzustellen. Nach dem dritten Transport lagerte dort
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(2020) 110
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