Heft 
(2020) 110
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62 Fontane Blätter 110 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte ber eine förmliche Kündigung zugestellt, unterzeichnet von Immanuel He­gel, einem Sohn des Philosophen, der als hochrangiger Ministerialbeamter bei Quehls Abgang die Verwaltungsleitung der Centralstelle übernommen hatte(womit, beiläufig bemerkt, einer der ursprünglichen Wünsche der Eingabe vom 12. Dezember 1850 erfüllt wurde). Allerdings unterlag der Dichter auch jetzt wieder einer Täuschung, wenn er seine Entlassung als politisch motiviert oder, eingedenk seiner gelegentlichen Nachlässigkeit, als Strafe für mangelnden Einsatz auffaßte. Auf Fontanes bewegende Ein­wendung, in der, zur Freude der späteren Forschung, genau aufgelistet steht 60 , was er an Arbeiten für die Centralstelle geliefert hatte, antwortete Hegel nämlich, es sei»keineswegs eine Unzufriedenheit mit Ihren Dienst­leistungen, welche zu der erfolgten Kündigung Veranlassung gegeben« habe.»Vielmehr würde es mir bei Ihren Fähigkeiten u. in Betracht Ihrer persönlichen Verhältnisse sehr erfreulich u. angenehm gewesen sein, Ih­nen auch ferner eine Stellung beim literarischen Cabinet anweisen zu kön­nen.«(Behördenintern ging die Bezeichnung des Presseamtes während der Fünfziger Jahre vielfach durcheinander, bevor sich nach 1860»Literari­sches Bureau« durchsetzte.) Mit Einstellung der Preußischen Zeitung sei aber zu seiner Weiterbeschäftigung keine Gelegenheit vorhanden, da»eine Verminderung der bisher herangezogenen literarischen Kräfte durch das finanzielle Interesse dringend geboten erscheint«. 61 Adalbert Roerdansz in Nöten Dass die Kündigung Fontanes zum Jahresende 1853 letztlich unwirksam blieb, ist darauf zurückzuführen, dass sich in der Centralstelle kurzfristig noch eine Vakanz auftat durch das unfreiwillige Ausscheiden von Adalbert Roerdansz. In dessen bewegtem Leben dürfte die Unterzeichnung der»ganz gehorsamsten Vorstellung« zu den weniger spektakulären Begebenheiten gehört haben. In der Barrikadennacht des 18. März 1848 war er festgenom­men und, wie viele Gefangene, auf dem Transport in die Festung Spandau von Soldaten mißhandelt worden. Seine Sammlung von Erlebnisberichten hatte bei Erscheinen wenige Wochen später großes Aufsehen erregt und den Konflikt zwischen Militär und Zivilisten von neuem angeheizt. 62 Auch zwei alte Bekannte Fontanes, Hermann Maron aus dem jugendlichen Lenau­Klub 63 sowie sein Regimentskamerad Max Dortu aus Potsdam 64 , kamen in dem Band zu Worte, außerdem ein künftiger Kollege: Ludwig Pietsch, da­mals erst 23 Jahre alt und später einflussreicher Feuilletonredakteur der Vossischen Zeitung, bekannte sich, anders als Roerdansz selbst, auch aus­drücklich zur Beteiligung an den Kämpfen. 65 Zwar konnte das Buch auf Grund der Verfassung selbst während der Reaktionsära nicht mehr einfach verboten werden, Leihbibliotheken aber mußten es auf polizeiliche Anwei-