Heft 
(2020) 110
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Fontanes Fronde gegen Manteuffel  Muhs 63 sung aus ihrem Bestand nehmen. Dabei war sein Herausgeber schon ab Juli 1848, also von Anfang an, im Literarischen Kabinett beschäftigt. Eingetre­ten war er immerhin noch unter dem liberalen Ministerium Auerswald, wurde aber während der Reichsverfassungskampagne im Sommer 1849 dem Prinzen von Preußen auf dem Feldzug nach Baden als eine Art Presse­referent mitgegeben. In dieser Funktion mag er sogar die amtliche Bekannt­machung verfaßt haben, dass sein Spandauer Leidensgenosse Dortu, der sich der Revolutionsarmee angeschlossen hatte, nach seiner Gefangennah­me in Freiburg im Breisgau standrechtlich erschossen worden war. Dass Roerdansz die Centralstelle im Herbst 1853 verlassen mußte, hatte denn auch nichts mit Politik zu tun. Der Grund war vielmehr, wie schon im Falle von Fontanes Kündigung, eine Geldfrage, allerdings gänzlich anderer Art. 66 Seit längerem stellten Schuster und Schneider ihm nach wegen offe­ner Rechnungen, Hauswirte suchten Mietschulden einzutreiben und die unverehelichte Minna Steege ausstehende Alimente. Nachdem Quehl alle dienstlichen Vorschussmöglichkeiten ausgeschöpft hatte und Metzel(sein Jahrgangsgenosse aus Königsberg und seit Kindertagen mit ihm bekannt) auch privat nichts mehr herleihen wollte, war Roerdansz im Sommer 1852 an die staatlich subventionierte Düsseldorfer Zeitung vermittelt worden, um ihn aus der Reichweite seiner Berliner Gläubiger zu nehmen. Eine gut gemeinte, aber letztlich verfehlte Absicht.. Der Boykott des Berliner Protes­tanten durch katholische Kreise behinderte seine Wirksamkeit nicht minder als die Agitation»von Seiten einer unterwühlten, demokratisirten Bevölke­rung gegen einen conservativen Redakteur«. Als Roerdansz im Frühjahr 1853 auch noch zum allseits belachten Karnevalsgespött wurde, verließ er fluchtartig das Rheinland. Kaum hatte ihm Quehl aber einige Monate später wieder eine Anstellung in der Centralstelle verschafft, mit nur 40 Talern pro Monat geringer bezahlt als zuvor, setzten die Gehaltspfändungen von neu­em ein, was seine Position unhaltbar machte, zumal Hegel, der künftige Konsistorialpräsident von Brandenburg, stärker auf die bürgerliche Wohl­anständigkeit seiner Untergebenen achtete, als der Ex-Bohemièn Quehl es getan hatte. Ganz ohne Protektion blieb Roerdansz auch fernerhin nicht. Als ihm Ende 1855 wegen Mangels an Subsistenzmitteln und unmoralischen Le­benswandels die Ausweisung aus Berlin drohte, intervenierte Manteuffel persönlich bei Innenminister von Westphalen. Diesmal wurde der Missetä­ter als Korrespondent nach Wien entsandt, wo er vor dem Zugriff preußi­scher Gerichtsvollzieher sicher und noch 1862 für die sogenannte Sternzei­tung tätig war. In Anbetracht der Unmöglichkeit, solche Geschichten völlig geheim zu halten, kann es kaum verwundern, dass reguläre Beamte wenig Respekt vor den Existenzen hatten, die sich im Presseamt tummelten. 67