»Eine offene Beleidigung« Jantzen 75 ne Obadja und spreche das Gebet. Dann oder am nächsten Tage taufe er auch die Katechumenen, unter welchen selten eine Weißhaut sei. Im weiteren Verlaufe singe Ruth, was immer das Beste sei, und zuletzt falle der Chor der Arapahoe- und Cherokeekinder ein, und das gäbe einen gewaltigen Lärm, besonders wenn Gunpowder-Face mit seiner aus Mexico stammenden Trommel den Gesang begleite. Dieser sähe dann aus wie ein mexicanischer Oberpriester und stelle den Obadja vollständig in den Schatten. Und richtig, in wenigen Tagen ist Nogat-Ehre mit Mennoniten und Indianern überfüllt. Der Betsaal ist mit Guirlanden und Blumen reich dekorirt; auf der Empore steht Ruth mit den andern Töchtern der Mennoniten, den Gesang zu leiten; ihnen zur seite stehen viele Indianerkinder, von denen ein hübsches Mädchen eine Fahne hält, auf der ein auf Wolken thronender Christus abgebildet ist. Der Franzose hat dieses Bild geliefert und Christum eigentlich die Züge eines Judas gegeben. Bei ihnen steht auch GunpowderFace mit seiner Trommel und zwei Kesselpauken. Vor der Empore steht der Altar. Im Vordergrunde des Saals sitzen die Arapahoen, welche in die Gemeinde der Taufgesinnten aufgenommen werden sollen, neben ihnen als Paten den Missionaren und Lehrern, welche das Werk der Bekehrung geleitet haben. Einer derselben ist ersichtlich ein Engländer, mit einem feinen Windhundkopf. Die andern sind sämtlich gute Deutsche, – das zeigen ihre vierkantigen Köpfe und ihre kerndeutschen Namen. Endlich erscheint Obadja, betet, hält die Predigt über die Verwerflichkeit des Krieges und vollzieht die weihevollen Akte. Ruth spielt die Orgel, und sie und der Chor singen. Gunpowder-Face aber schlägt sein heidnisches Musikinstrument mit einem freudestrahlenden Gesicht, und reich gesegnet endigt die Festlichkeit. Das ist die Schilderung einen mennonitischen Missionsfestes bei den Indianern nach der Sachkenntnis eines berühmten deutschen Litteraten. Luther sagte von dem Kardinal Cajetanus in Augsburg im Jahre 1518, er verstände sich auf die Bibel wie der Esel aufs Harfen; ein ähnliches Urteil über Fontanes Fähigkeit, Missionsvorgänge darzustellen, dürfte so ziemlich das Richtige treffen. w. Monatsblätter aus Bethel College 8, no. 8(August 1903): 87-8. Die Grundidee des» Quitt,« dieses von uns in einigen Nummern besprochenen Romans von Fontane, müssen wir doch auch kurz darlegen, ehe wir dieses Opus beiseite stellen und uns jedenfalls nicht gleich wieder damit beschäftigen werden. In einem Roman sucht man heute ja im allgemeinen die künstlerische Schilderung einer Idee oder eines Elementes im Kulturleben. Wie leicht sich da in diese Art Litteratur Unglaube und Unsittlichkeit hat breit machen können,
Heft
(2020) 110
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