Heft 
(2020) 110
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»Eine offene Beleidigung« Jantzen 75 ne Obadja und spreche das Gebet. Dann oder am nächsten  Tage taufe er auch die Katechumenen, unter welchen selten eine Weißhaut sei. Im weite­ren Verlaufe singe Ruth, was immer das Beste sei, und zuletzt falle der Chor der ­Arapahoe- und Cherokeekinder  ein, und das gäbe einen gewaltigen Lärm, ­besonders wenn Gunpowder-Face mit seiner aus Mexico stammen­den Trommel den Gesang begleite. Dieser sähe dann aus wie ein mexicani­scher Oberpriester und stelle den Obadja vollständig in den Schatten. Und richtig, in wenigen Tagen ist Nogat-Ehre mit Mennoniten und Indi­anern überfüllt. Der Betsaal ist mit Guirlanden und Blumen reich dekorirt; auf der Empore steht Ruth mit den andern Töchtern der Mennoniten, den Gesang zu leiten; ihnen zur seite stehen viele Indianerkinder, von denen ein hübsches Mädchen eine Fahne hält, auf der ein auf Wolken thronender Christus abgebildet ist. Der Franzose hat dieses Bild geliefert und Christum eigentlich die Züge eines Judas gegeben. Bei ihnen steht auch Gunpowder­Face mit seiner Trommel und zwei Kesselpauken. Vor der Empore steht der Altar. Im Vordergrunde des Saals sitzen die Arapahoen, welche in die Ge­meinde der Taufgesinnten aufgenommen werden sollen, neben ihnen als Pa­ten den Missionaren und Lehrern, welche das Werk der Bekehrung geleitet haben. Einer derselben ist ersichtlich ein Engländer, mit einem feinen Wind­hundkopf. Die andern sind sämtlich gute Deutsche, das zeigen ihre vier­kantigen Köpfe und ihre kerndeutschen Namen. Endlich erscheint Obadja, betet, hält die Predigt über die Verwerflichkeit des Krieges und vollzieht die weihevollen Akte. Ruth spielt die Orgel, und sie und der Chor singen. Gun­powder-Face aber schlägt  sein heidnisches Musikinstrument mit einem freudestrahlenden Gesicht, und reich gesegnet endigt die Festlichkeit. Das ist die Schilderung einen mennonitischen Missionsfestes bei den In­dianern nach der Sachkenntnis eines berühmten deutschen Litteraten. Lu­ther sagte von dem Kardinal Cajetanus in Augsburg im Jahre 1518, er ver­stände  sich auf die Bibel wie der Esel aufs Harfen; ein ähnliches  Urteil über  Fontanes Fähigkeit, Missionsvorgänge darzustellen, dürfte so ziem­lich das Richtige treffen. w. Monatsblätter aus Bethel College 8, no. 8(August 1903): 87-8. Die Grundidee des» Quitt,« dieses von uns in einigen Nummern besprochenen Romans von Fontane, müssen wir doch auch kurz darlegen, ehe wir dieses Opus beiseite stellen und uns jedenfalls nicht gleich wieder damit beschäftigen werden. In ei­nem Roman sucht man heute ja im allgemeinen die künstlerische Schilde­rung einer Idee oder eines Elementes im Kulturleben. Wie leicht sich da in diese Art Litteratur Unglaube und Unsittlichkeit hat breit machen können,