Heft 
(2020) 110
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Die Fontanes und»ihre« Französische Kirche  Seiler 139 doch in dieser Bedeutung ist es hier unsinnig. Fournier kann keine Taufka­pelle ›hergestellt‹ haben, die er letzte Ostern von Fontane erhalten hat. Of­fenbar wurden in der Amtssprache der Gemeinde alle mit der Taufe in Ver­bindung stehenden Sachverhalte mit»baptistère« bezeichnet, von der Taufurkunde über die Elternherkunft bis zur Bezeugung der Identität, da­mit nicht alles einzeln benannt werden musste. Sachlich ist somit aber klar, dass Fontane nicht aufgrund einer Konfirmation, sondern aufgrund seiner Taufzeugnisse in die Französische Gemeinde aufgenommen wurde. Wie erklärt sich aber, dass Fournier die betreffenden Zeugnisse vergan­gene Ostern»à la Ste Cène«, also»beim Heiligen Abendmahl« von ihm er­halten hat? Dass Fontane sich zu Ostern 1836 in die Klosterkirche begeben, sich vorn mit zum Abendmahl niedergekniet und Fournier nach dem Emp­fang die Aufnahmepapiere entgegengestreckt hat, ist auszuschließen. So viel Dreistigkeit wird ihm niemand zutrauen, und Fournier hätte ihm diese Überrumpelung auch nicht mit einem Freundschaftsverhältnis gedankt. Vielmehr wird er sich im Hintergrund gehalten, seine Nichtteilnahme am Abendmahl mit der noch ausstehenden Aufnahme in die Gemeinde erklärt und artig seine Papiere zur Übergabe bereitgehalten haben. Weil das nicht alle Tage vorkam, behielt Fournier die Situation im Gedächtnis und bezog die Übergabe»zu Ostern beim Abendmahl« in seinen Vermerk ein. Unentschieden muss bleiben, warum er sich ein halbes Jahr Zeit mit der Entscheidung ließ. War das üblich? Zögerte er wegen der fehlenden Konfir­mation? Oder hat er gar bewusst ein paar Monate verstreichen lassen, weil er sie ihm dann guten Gewissens erlassen konnte? Im Prinzip nämlich hatte sich die Konfirmationsfrage für Fontane mit dem Aufnahmegesuch erledigt. Denn das, was sie soll, eine mit der Taufe vollzogene Einschreibung in ein Die Klosterstraße in einer Zeichnung von Eduard Gaertner(1828). Die Französische Kirche stand hinter den hinteren Häusern rechts. Die Proportionen sind aber verzerrt. Die Parochialkirche steht zu weit in der Straßenmitte und die rechte Seite zeigt nach vorn mehr von der Straße.