140 Fontane Blätter 110 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte christliches Gemeinwesen noch einmal bewusst zu bekräftigen, hatte er mit seinem Antrag getan. Vielleicht hat ihn Fournier wegen seines Versäumnisses ein bisschen gerügt, doch ihn angesichts der unreifen Christlichkeit soundso vieler Fünfzehnjähriger, die er regelmäßig konfirmieren musste, mit seinen siebzehn Jahren noch in den Konfirmandenunterricht zu schicken hat er zweifellos unterlassen. Eben deshalb konnte Fontaneihn seinen »alten Gönner aus Konfirmandentagen her« nennen und sich ihm lebenslang verbunden fühlen. 14 Fournier hatte ihn großzügig ohne Konfirmation zum Abendmahl zugelassen – vielleicht sogar an dem besagten Ostertag –, und das hat er ihm nicht vergessen. 15 4. Fontanes Verbindungen zur Klosterkirche Warum sich Fontane für seinen Eintritt in die Französische Gemeinde an die Klosterkirche hielt, ist nicht schwer zu erschließen. Von der Burgstraße her, wo er bis Ostern 1836 bei seinem Onkel wohnte, war es dorthin am nächsten. So konnte er in Vorbereitung dieses Schrittes schon einmal auch einen Gottesdienst dort besucht, den Pastor Fournier sich angehört und eine günstige Gelegenheit für die Kontaktaufnahme sich überlegt haben. Vielleicht hatte ihm aber auch sein Vater zur Klosterkirche geraten. Dieser hatte von 1808 bis 1810 das Gymnasium am Grauen Kloster besucht, der reformierten Kirche praktisch gegenüber, und da er während der anschließenden Apothekerlehre ins Konfirmationsalter kam, könnte er auch selbst schon dort konfirmiert worden sein. 16 Einen Kirchenbucheintrag dazu gibt es nicht, erst von den 1830er Jahren an wurden die Namen der Konfirmierten festgehalten. Nicht in Frage kam demgegenüber der Eintritt in die Friedrichswerdersche Kirche, in der die Eltern geheiratet hatten. Den»langen Stall« gab es damals nicht mehr, und den Schinkelschen Neubau sah man mehr als eine evangelische Kirche an. Wie sich das Verhältnis Fontanes zu dem zwanzig Jahre älteren Fournier nach der Aufnahme entwickelte, liegt im Dunkeln. Es muss aber mit der Zeit zu einem Gedankenaustausch mit ihm gekommen sein, da Fournier im Januar 1851 schon ausgesprochen vertraut an ihn schreibt. Fontane hatte ihm die Waterloo-Dichtung von Christian Friedrich Scherenberg ausgeliehen und erhielt sie mit den Worten zurück:»Für Dichtung Wahrheit! In letzterer sind wir lange verbunden. Daß ich in ersterer eine neue Bekanntschaft an Ihnen gemacht, hat mir Freude und wahren Genuß gewährt.« 17 Scherenbergs 1849 erschienene Versdichtung feiert den Sieg über Napoleon als deutsche Erhebung gegen einen Weltfeind und sieht sie als ein Beispiel auch für den Weg Deutschlands zu seiner politischen Einheit an.»Für Dichtung Wahrheit!« meint wohl, dass Scherenbergs Werk, obwohl nur Dichtung, für Wahrheit zu nehmen ist, anders, als es sonst aus religiöser Sicht für dichte-
Heft
(2020) 110
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