Heft 
(2020) 110
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152 Fontane Blätter 110 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Eine Luftaufnahme von 1920 mit der eingebauten Klosterkirche dem Tod des eigenen Vaters heiraten wollte, ging deshalb erst recht nicht, es hätte auch in der Öffentlichkeit schweren Anstoß erregt. Martha wusste aber, dass Fontane solche Bedenken herzlich egal waren, und so blieb sie bei ihrem Vorhaben. Allerdings kam auch in diesem Fall nur eine Haustrau­ung in Frage. Gebeten wurde Fontanes Favorit, Prediger Neßler von der Französischen Friedrichstadtkirche, und er traute sie am 4. Januar 1899 unter Anwesenheit zweier befreundeter Zeugen. An Prediger Devaranne von der Klosterkirche, für den die Tradition gesprochen hätte, konnte sich Martha selbstverständlich nicht wenden, da er ja gerade erst ihren Vater beerdigt hatte. Als Fontane am 20. September 1898 für alle unerwartet verstarb, hätte als Prediger für ihn auch sicherlich Neßler gebeten werden können, weil er nicht nur als Pfarrer, sondern auch aus persönlicher Bekanntschaft etwas über ihn hätte sagen können. Dass er nicht zur Kloster-, sondern zur Fried­richstadt-Paroisse gehörte, wäre demgegenüber nicht ins Gewicht gefallen. Beauftragt wurde aber Eugène Devaranne, weil ihn Sohn Theodor aus sei­ner Zeit am Predigerseminar kannte. Das hat in der Fontane-Literatur zu der Meinung geführt, es habe besonderer Bemühungen bedurft, ihn in An­spruch zu nehmen, er sei amtlich nicht zuständig gewesen. 50 Das jedoch trifft nicht zu. Devaranne hatte am 1. April 1898 die zweite Pfarrstelle an der Klosterkirche übernommen und war damit ein dort regulär anzuspre­chender Prediger. 51 Es wird also vielmehr so gewesen sein, dass Theo, der sich schon für die Taufe seiner Tochter mit Neßler nicht einverstanden er­klärt hatte, zu dem üblichen Bestellungsweg, also zu Devaranne riet, wäh­rend die übrige Familie wahrscheinlich lieber Neßler beauftragt hätte.