Heft 
(2020) 110
Einzelbild herunterladen

Christoph Wegmann: Der Bilderfex  Aust 173 Frage auf, ob sich sein Verfasser in die»Truppen dieses Philister-Generals« (108) eingereiht sehen will. Die Antwort ist, wie so oft bei Fontane, kompli­zierter. Zum Glück bleibt sie uns Dieter Richter nicht schuldig: Mit»dem Ehrengedächtnis für den geächteten alten Nicolai stellt er[Fontane] sich in eine Tradition der deutschen Italienwahrnehmung und Italienerfahrung, in der Identifikation und Abwehr, Liebe und Hass immer dicht beieinander lagen.«(109) Michael Ewert Christoph Wegmann: Der Bilderfex. Im imaginären Museum Theodor Fontanes. Herausgegeben vom Theodor-Fontane-Archiv. Mit einem Vorwort von Peer Trilcke. Berlin-Brandenburg: Quintus 2019. 568 S. 60 Fontanes Aufsätze zur bildenden Kunst lassen sich seit 1970 in den beiden Bänden der Nymphenburger Fontane-Ausgabe erlesen. Den»Montagecha­rakter der enzyklopädischen Kunstwelt Fontanes«, also das Bildwissen und den Bildgebrauch im Romanwerk, hat Peter-Klaus Schuster am Beispiel von Effi Briest und anhand von 58 Abbildungen nachgewiesen(1978, S. 166). Zwanzig Jahre später zeigte Fontane und die bildende Kunst, der Ausstel­lungskatalog der Berliner Nationalgalerie, welche Bilder Fontane überhaupt betrachtet, besprochen und im Romanwerk verarbeitet hat. Und im neuen Jahrhundert rückte Gerhart von Graevenitz mit vielen Bildbelegen den Au­tor in den Mittelpunkt einer Studie»über das Imaginäre«(2014). Längst also ist offensichtlich, dass Fontane unter Bildern aufwuchs und einen Blick für Bilder hatte, dass er ein»Augenmensch« war»mit einer ausgeprägten opti­schen Veranlagung«(Reuter: Fontane, 1968, S. 329), ein»urbane[r] Voyeur« (Schuster 1978, S. 165) oder gar»Kunstfex«( Fontane und die bildende Kunst, S. 11), der hauptsächlich und wesentlich mit Bildern ›handelte‹. Diese An­und Einsicht setzt Christoph Wegmann mit seinem Bilderfex fort, einem ge­wichtigen Führer durch ein»imaginäre[s] Museum«, dessen Räumlichkeit in Fontanes ›Kopf‹ bzw. in seinem Romanwerk aufgesucht wird, und dessen Exponate Wegmann trotz der genannten Vorläufer zum ersten Mal aus­buchstabiert. ›Imaginär‹ heißt dieses Museum in Anlehnung an den Begriff, den André Malraux geprägt hat, meint aber nicht dessen autonomes Welt­kunstkonzept, sondern die Menge der in den Romanen erwähnten Bilder und bildartigen Gegenstände. ›Bild‹ ist hier fast alles, also nicht nur Gemäl­de und Skulpturen, sondern auch Sternbilder, Landkarten, Münzen, Spiel­zeug, Park, ja alles, was das Auge lockt. Es lohnt sich, Buchdeckel bzw. Schutzumschlag der beiden Jubiläums­›Kataloge‹ zum hundertjährigen Todes- und zweihundertjährigen Geburts­tag zu vergleichen, um den Unterschied bei aller Nähe anzudeuten(drittes