Heft 
(2020) 110
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178 Fontane Blätter 110 Rezensionen Fontane»die Worte«(Wegmann scheint an Tabuisiertes zu denken, sobald von»Urzuständlichkeiten«, S. 264, die Rede ist), und welche Bilder können als»Stellvertreter einer Sprache des ›Natürlichen‹«(S. 240) gelten(wohl die ›nackten‹, aber wäre das nicht etwas billig)? Oder noch anders akzentuiert: Behindert eine VR-Brille, wie Wegmann sie in Buchform anbietet, nicht den Lesevorgang? Gleichviel, es ist ein augenfreundliches»Lese- und Bilderbuch«(S. 11) voller Informationen, Ideen, Anregungen, mit zahllosen Funden, bislang überlesen und kaum kommentiert, oft winzige Stellen, die, einmal besehen, weithin leuchten. Das Ganze ist klug und schön gestaltet im Wechsel von Text und Bild: Man freut sich beim Umblättern auf die nächste Seite und wagt kaum Anstreichungen. Alles ist bestens lektoriert(laut Paratext war Christine Hehle tätig). Wenn trotzdem»Kluckhahn«(S. 31), ein dem»Man­na« zugeordneter»Ambrosius«(S. 329) oder ein lediger Crampas(S. 239) stehen geblieben sind, so fällt das nicht ins Gewicht, weil es die Argumenta­tion nicht berührt. Seite für Seite bewährt sich die ›Gerechtigkeit‹ des Kura­tors gegenüber dem Großen wie dem Kleinen. So zeichnet sich eine»image­rie populaire«(Champfleury) ab, errichtet auf wörtlichem Fundament mit »anschaulich«(S. 16) begehbaren Stockwerken. Eigentlich gibt es nichts, was nicht gezeigt wird. Rez. vermisst nach persönlicher Erinnerung allen­falls den Grabstein mit»Bild und Spruch«, der nach Ausweis der Kommen­tare in der Berliner Nikolaikirche liegen soll(AFA I,377 zu S. 14, GBA I,474 zu S. 13) und eine geschminkte Leiche, die als Vorlieben von General Bamme oder Prinz Heinrich(vgl. S. 426) doch auch ›Bild‹ ist. Befremdlich klingt(allein) der Satz, es sei»nicht nötig, Fontanes Romane zu kennen, um den Bildexpeditionen durch sein[!] Musée imaginaire folgen zu können«(S. 11). Gerade wenn es bei diesem Gang um den»Nexus« zwi­schen Bild und Geschichte geht und nicht nur um Roman(stellen) als Medi­um für Bilder, sollten gelesene Texte in der Hand nicht fehlen. Andernfalls behaupten sich unkontrolliert Etikettierungen(die smarte Käthe, S. 94, die blutjunge Effi, S. 28 u.ö., die prüde Zwicker, S. 223, die fade Mathilde, S. 120) oder eigenwillige Bewertungen(Effis Zwangsverheiratung, S. 396). Die Frage, ob der Romancier Fontane als»Bilderfex« glücklich einge­führt wird, sei nicht ganz unterdrückt, auch wenn sie den Wert des Buches in keiner Weise beeinträchtigt und nur eine Nuance der beabsichtigten »Hommage«(S. 12), ihren klaren Klang, betrifft. Nichts ist dagegen einzu­wenden, Fontane als einen Menschen zu kennzeichnen, der»etwas in leicht übertriebener Art liebt«(das tut wohl Wegmann, wenn er in Anlehnung an Hoppe, S. 464 zu S. 46, den»Fex« wortschöpferisch ins Spiel bringt, und keineswegs ist an»Fächs« lt. DWb zu denken). Aber ist das nicht etwas zu­wenig für einen Romancier dieses Formats, zumal wenn»Bilderfex« an »Kunstfex« erinnern sollte, und damit an die ersten Erfahrungen eines so­eben verheirateten»Naturkinds« mit ihrem kunstbegeisterten Gatten? Es