Heft 
(2020) 110
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Claudia Stockinger: ›Die Gartenlaube‹  Grüne 179 überrascht also nicht, wenn Peer Trilcke schon in einem»Vorwort« eine an­dere Rolle, den»Auktionator«,(alternativ/komplementär?) ins Bild rückt, um Fontanes»Mittlerrolle« mit all ihren ›angeeigneten Waren‹ zu betonen. Und natürlich kennzeichnen Fontane, wenn es um seine ›Titel‹ geht, noch andere auffallende ›Vorlieben‹, zum Beispiel die zum Theater oder zu den tausend Finessen oder gar zu den Listen des Apothekers. Sie alle erweisen den Autor als bewunderungswürdigen ›Fex‹, der eigentlich nicht genug ›übertreiben‹ konnte, nicht wahr? Hugo Aust Claudia Stockinger: An den Ursprüngen populärer Serialität. Das Familienblatt ›Die Gartenlaube‹. Göttingen: Wallstein 2018. 384 S. 29,90 Vermutlich sah Fontane in den Entscheidungen der Gartenlaube-Redaktion nur bestätigt, was er selbst in seinen Aufzeichnungen zu Zola als Grundre­gel kultureller Aushandlungsprozesse formuliert hatte, dass in»irdischen Dingen« letztlich doch» alles auf Majoritätsbeschluß« beruhe,»wie man sich auch dagegen sträuben mag«(HFA III,1, 1969, S. 548). Jedenfalls nahm ­Fontane die großflächigen Kürzungen, die für den Vorabdruck seiner Er­zählung Quitt verlangt wurden, ohne größeres Sträuben hin, so als ob die Redaktion des Familienblattes angesichts der»300,000 Abonnenten, oder wie viel ihrer sein mögen«, und einer um ein Vielfaches höheren Zahl an tatsächlichen Lesern prinzipiell der Kritik enthoben sei:»[A]us der Schüssel, aus der 300,000 Deutsche essen, ess ich ruhig mit.«(HFA IV, 3, 1980, S. 737) Der Künstler, so hat es den Anschein, übt sich in Resignation und beugt sich den Gesetzen des Marktes und der Massenpresse oder sucht sie zu un­terlaufen. Tatsächlich wurde die Gartenlaube in der älteren Forschung ja vornehmlich als Massenmedium wahrgenommen, als ›Kitschpostille‹, die lieber um die Gunst des breiten Publikums buhlte als um die der wahren Kenner. Die Gartenlaube war(und ist) für viele zudem Inbegriff für biedere Bürgerlichkeit und»gut-deutsche Gemüthlichkeit«, wie es im Editorial der ersten Ausgabe von 1853 heißt. Aus diesem»Dunst« galt es den ›wahren‹, den künstlerisch anspruchsvollen Realismus herauszuziehen, wollte man ihn für die Moderne retten(vgl. Rudolf Helmstetter: Die Geburt des Realis­mus aus dem Dunst des Familienblattes. Fontane und die öffentlichkeitsge­schichtlichen Rahmenbedingungen des poetischen Realismus. München 1997). Dass es sich die Literaturwissenschaft mit diesem Urteil möglicherweise zu leicht gemacht hat, zeigt Claudia Stockinger in ihrer Monografie über das Familienblatt auf. Sie präsentiert, das sei vorweggenommen, einen erfri­schend unvoreingenommenen Blick auf den Gegenstand. Ihre Analyse ist