Heft 
(2021) 111
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16 Fontane Blätter 111 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Brandenburg blieben in der österreichischen Presse bis auf eine Ausnahme unbeachtet, trotz der vielen Bände und Auflagen, die seit 1861 herauskamen. III. Ein Vertreter der jungen Generation, dessen große Zeit als international an­erkannter und gefeierter Schriftsteller 1898 noch bevorstand, hat hier das letzte Wort. Es ist Jakob Wassermann(1873–1934) mit einem Nachruf auf Fontane in der sozialdemokratischen Wiener Arbeiter-Zeitung, die 1889 von dem sozialistischen Politiker Viktor Adler gegründet worden war und in­zwischen überregionale Bedeutung erreicht hatte. In der umfangreichen Forschungsliteratur zu Fontane ist Wassermann bislang nicht in Erschei­nung getreten. 14 Fontane hat im erzählerischen Werk Wassermanns offen­bar keine Spuren hinterlassen. Ausgehend von der Aufbruchstimmung der Münchner und Wiener Moderne um 1900 dürfte Fontane für Wassermann als Vorbild, feste Bezugs- und Orientierungsgröße auch keine Rolle gespielt haben. Für ihn gehörte Fontane neben Keller und Raabe, wie es 1898 in sei­nem Fontane-Nachruf heißt, zu»einer absterbenden epischen Epoche«. In der Fontane-Bibliographie und Fontane-Chronik ist der Name Wassermann bislang nicht vertreten. Es handelt sich bei diesem Text daher um einen aus­gesprochenen Überraschungsfund. Fontanes Tod war auch in der österreichischen Presse vielerorts gemel­det worden. Aber nur wenige größere Nachrufe erschienen, von denen die drei gehaltvollsten und bewegendsten von Autoren verfasst wurden, die Fontane persönlich gekannt hatten oder ihm doch zumindest einmal begeg­net waren: Paul Schlenther(1854–1916), 15 ein Freund der Familie Fontane und 1898 als Direktor des Hofburgtheaters nach Wien berufen, der Wiener Schriftsteller und Journalist Jakob Julius David(1859–1906) 16 und der um­triebige Schriftsteller, Journalist, Theater- und Kabarettgründer Ernst von Wolzogen(1855–1934) mit Erinnerungen an Fontane. 17 Wassermann, 1873 als Sohn eines Kaufmanns in Fürth geboren, konnte mit persönlichen Reminiszenzen an Fontane nicht aufwarten. Aber über einen Mittelsmann, Ernst von Wolzogen, hatte er viel über Fontane ge­hört. 18 1894 war Wassermann nach unsteten Wanderjahren und heftigen Konflikten mit seinem Vater Schreiber und Sekretär Wolzogens in Mün­chen geworden, der soeben an seinem(Theodor Fontane gewidmeten) Ro­man Ecce ego Erst komme ich arbeitete. 19 Wassermann übergab Wolzogen Proben eigener schriftstellerischer Versuche, in denen Wolzogen ein außer­gewöhnliches Dichtertalent erkannte. Er förderte den jungen Mann fortan nach Kräften, warb für ihn in literarischen Kreisen, verschaffte ihm Bezie­hungen zu Redakteuren und Redaktionen, vor allem zu Verlegern wie Fried­rich ontane und Albert Langen, machte ihn in München mit literarischen Notabilitäten bekannt. Bei Langen erschienen 1896/97 die ersten Romane