Rezensionen zu Bd. 1.1 97 19. E. F. In: Mittheilungen aus der historischen Literatur, 1874. Der Krieg gegen Frankreich 1870–1871 von Th. Fontane. I. Band. Der Krieg gegen das Kaiserreich. 1. Halbband: Bis Gravelotte, 18. August 1870. Mit 32 Plänen in Holzschnitt. 8°. 362 S. Berlin, 1873. Verlag der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei(R. v. Decker). 2 Thlr. Theodor Fontane, in den weitesten Kreisen bekannt durch seine Werke über die Kriege von 1864 und 1866, sowie durch seine»Wanderungen durch die Mark«, beschenkt uns nun auch mit einer Geschichte des deutsch-französischen Krieges. Bei der grossen Anzahl von Werken sehr verschiedenartigen Werthes, die bereits über diese Epoche unserer neuesten Geschichte auf dem Büchermarkt erschienen sind, ist es nur zu begreiflich, wenn das Publikum misstrauisch der Ankündigung eines Buches entgegensieht, das denselben Stoff behandelt. Umsomehr ist es die Pflicht der gewissenhaften Kritik, die Vorzüge desselben zur Geltung zu bringen. Wir können die Lectüre des vor uns liegenden Werkes ans vollster Ueberzeugung empfehlen und sind überzeugt, dass jeder dasselbe mit dem Gefühl der Befriedigung aus der Hand legen wird. Was einer so bedeutenden Anzahl der denselben Zeitabschnitt behandelnden Schriften mangelt, Klarheit der Darstellung und Reinheit des Stils, hier findet sich beides in harmonischer Uebereinstimmung. Die diplomatischen Schachzüge, wie die militairischen Operationen sind gleich übersichtlich dargelegt, sodass, wie uns dünkt, selbst der Militair von Fach Interesse an dem Werke finden wird. Ein weiterer Vorzug desselben ist seine Objectivität. Mit der grössten Unparteilichkeit lässt sich der Autor über die beiderseitigen Armeen und deren Organisation aus; bereitwillig erkennt er, wo es nöthig, das Gute der französischen Institutionen und die Tapferkeit der kaiserlichen Armee an. Schliesslich glauben wir in dem späteren Erscheinen des Werkes selbst einen den Werth desselben erhöhenden Vorzug zu entdecken. Liegt doch bereits hüben wie drüben bedeutendes Material vor, die wichtigsten Episoden der Campagne sind von kundigen Federn in beiden Lagern eingehend besprochen und bearbeitet, eine grosse Menge von Details zu Tage gefördert worden – kurz, eine jetzt geschriebene Geschichte des Feldzuges bietet bei der grossen Anzahl von zu Gebote stehenden Quellen ein weit getreueres Bild jener Tage dar, als jene Werke, die noch unter dem letzten Donner[S. 56] der Kanonen, unter dem frischen Eindruck des eben erst Erlebten entstanden sind. Der uns vorliegende erste Halbband zerfällt in sechs grosse Abschnitte, deren erster die einleitenden Ereignisse in Ems schildert. Die vorgeblichen Ursachen des Krieges, die Geschichte der spanischen Throncanditatur des Prinzen Leopold und ihre Folgen für Preussen werden durch Briefe und Depeschen des Grafen Benedetti aus der Zeit vom 9. bis 14. Juli dargelegt. Dann bespricht der Autor die wirklichen Ursachen des Krieges, die er mit
Heft
(2021) 111
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